Cordelia Edvardson
Gebranntes Kind sucht das Feuer
Carl Hanser Verlag, 1987
Aus: Cordelia Edvardson. Gebranntes Kind sucht das Feuer. Carl Hanser Verlag, 1987
Gebranntes Kind sucht das Feuer.
Als sie in die verdunkelte Stadt kam, wusste sie, dass sie heimgekommen war. Dies war eine Wirklichkeit, die sie wiedererkannte, hier wollte sie bleiben. Sie war als Beobachterin und Reporterin gekommen, aber das Wissen um die Vergangenheit und die Geschichte machten sie zur Teilnehmerin.
Es war in den ersten Tagen des Jom-Kippur-Krieges, das Land hielt den Atem an, kroch in der Dunkelheit zusammen in äusserster Konzentration und Anspannnung wie bei einem bedrohten Tier, bevor es zum tödlichen Sprung ansetzt. Die drohende Vernichtung und die Menschen des Landes sahen einander mit der Vertrautheit des Wiedererkennens in die Augen. Die Überlebenden kehrten zu der einzigen Lebensform, der einzigen Aufabe und Herausforderung zurück, die sie beherrschten dem Kampf ums Überleben. Aber, so empfand sie es, hier begegneten sich die Menschen und die Verinichtung als Gegner, der Ausgang war nicht von vornherein gegeben, diesmal nicht. Dies war ein faires Spiel. Sollte die Vernichtung gewinnen, dann nicht deshalb, weil die Opfer, gelähmt und versteinert durch den Anblick der Bestie, zu ihrem eigenen Untergang beitrugen. Diesmal hatte die Bedrohung ein menschliches Gesicht, das Gesicht des Feindes. Es musste bekämpft, konnte vielleicht besiegt werden, konnte aber auch erkannt und geaähtet werden. Darum, und allein darum, in Widerstand und Achtung, gewannen die Überlebenden die Achtung vor sich selber zurück.