Francesco Micieli
Fr, 26.05.17, 10:00
Sa, 27.05.17, 13:30
Aus: Quasi parlando. Sechs Postkarten an Franz Schubert. S.a. "Drehpunkt Mai 1994"
Lieber Schubert
I
Man erzahlt, dass Sie eine Sopranstimme hatten. Ich war ein Brummer, dabei hatte ich so gerne gesungen. Meine Kindheit war von Twist, Tarantella und Celentano geprägt. Ihre Musik kam viel später. Während ich mir Ihr Oktett anhöre, denke ich an Ihre wahnsinnige Geschwindigkeit beim Schöpfen
Es musiziert in Ihnen. Es singt in Ihnen. Ich beneide Sie. Mit meiner Schopfkelle hole ich nur kleine Tropfen heraus. Der Weg zum Fluss ist lang.
Wenn man weiss, wie es Ihnen ging - Sie wohnten in dieser Zeit wieder mal bei Ihrem fremdgewordenen Vater - ist man über Ihre Komposition erstaunt. Diese Leichtigkeit in Dur! Ihr Schmerz ist ein zarter Schmerz. Manchmal scheinen sich Abgründe zu öffnen, kaum erahne ich sie, locken Sie mich wieder weg.
Wie tönt Ihnen der nahende Tod?
Die Krankheit entstellt Ihren Körper. Weshalb singt Ihre Musik nicht davon? Vielleicht verstehe ich Ihre Sprache nicht.