Ivan Ivanji (RS)
Aus: Sage was du willst und scher' dich zum Teufel; s.a. "Entwürfe" Nr. 3/4, 1994
1993
Aus: Ivan Ivanji. Schattenspringen. 1993
Man hatte mich früh um fünf geholt. Der Nachbar, der den Gestellungsbefehl brachte, entschuldigte sich. Mein Vater, ein ehemaliger Partisanenoffizier, versuchte grimmig dreinzublicken. Nach der ersten Bestürzung tapferer, als ich es erwartet hätte, ging meine Mutter in die Küche, um Brote zu schmieren. Vater fuhr mich im kleinen Fiat zur Kaserne und sagte: "Das wird nicht schnell zu Ende gehen.." Er hatte seine Grübelmiene aufgesetzt und kombinierte schon "Ich habe einen alten Kameraden aus der Partisanenzeit, der ist mit dem Generalstabschef befreundet. Er holt dich heraus..." "Ich will mich nicht drücken "Du kennst dich mit Computern aus. Das braucht man heutzutage in den Stäben." Das Durcheinander in der Kaserne war furchtbar. Ich wurde zum Zugführer ernannt, aber hatte keine Zeit, meine Männer kennenzulernen. Schon tags darauf liess man uns auf Lastkraftwagen steigen. Ich setzte mich neben den Fahrer: "Wohin?" "Mir hat man nichts gesagt. Nur in der Kolonne dem vorderen Wagen nachfahren." Aus dem Rundfunk wusste ich, in Kroatien waren Kasernen umzingelt. Wir sollten wohl Ordnung schaffen, aber wir waren nicht ausgebildet, ich wusste nicht einmal, über welche Waffen, über wieviel Munition mein Zug verfügte. Nach anderthalb Stunden Fahrt bogen wir auf einen Feldweg ein und blieben danach auf einer Lichtung stehen: "Offiziere nach vorn!»