Jürg Laederach

Werke (Auswahl)
Depeschen nach Mailland.
Suhrkamp Verlag, 2009
Schattenmänner.
Suhrkamp Verlag, 1995
Emanuel. Wörterbuch eines hingerissenen Flaneurs.
1990
Vor Schrecken starr, Fixierungen, Stechblicke, Obsessionen.
1988
Laederachs 69 Arten den Blues zu spielen.
1984
Im Verlauf einer langen Erinnerung.
Suhrkamp Verlag, 1977
Depeschen nach Mailland
Suhrkamp Verlag, 2009
«Depeschen aus Mailland» besteht aus Mails, und Jürg Laederach macht daraus eine Textform, die durchlässig ist für alles Mögliche. Öfter mal erzählt er beispielsweise von der Katze, die ihre Umwelt auf die Probe stellt, oder er rapportiert seine verzweifelte Suche nach einer seltenen Platte, Toscanini oder Monk. Laederach wird von multipler Neugier angetrieben. Und er pflegt auch hier die betörende Suada, die man von ihm kennt. Mit ergötzlichem Sprachwitz, schnell, scharf, ein einziges Feuerwerk.
Aus: Jürg Laederach. Depeschen nach Mailland. Suhrkamp Verlag, 2009
Du könntest dir ein beliebiges Feld wählen und wärst sofort einzigartig; wo bleibt’s Ehrgeizerl, junger Mann? Du kannst nicht einfach mit Laedi weitermailen, als wär nichts geschehen oder als gäb’s vor dem Fenster draussen nichts. Du gehörst an die Theke des Hotels, ja? Du musst uns was mixen, am besten, sagen wir mal, vier Wochen lang Absonderliches aus Zürich, dann Schwenk zurück und was Rattiges aus Brugg, und dann ne Surprise aus dem Welschland, ich meine mal lokal, mit der SBB zugänglich: Fribourg ist sehr interessant, auch für Ironiker, ich meine, Bern kennt man, aber die Steigerungsform Freiburg kennt kein Mensch und die Freiburger sind dazu zu blöd. Dann die Steigerungsform von Fribourg, und das ist Fribourg-Land, tolles Gourmet-Menü.
Fr, 22.05.09, 11:00
Sa, 10.05.97, 15:00
So, 11.05.97, 12:00
Schattenmänner
Suhrkamp Verlag, 1995
Aus: Jürg Laederach. Schattenmänner. Suhrkamp Verlag, 1995
Die folgende Darstellung geschieht durch mich, behandelnd den unerwarteten Vorfall meines Schreibens einer Erzählung - es folgt sofortige Streichung aller Genitiv- Reihungen -, und sie, die Darstellung geschieht aus zwei Gründen. Einmal weil sie ein vollkommen unerwartetes und übliches Bild einer narrativen Unfähigkeit vermittelt, für die noch heute jeder Literaturkritiker überzeugtermassen einen Grund im Somatischen sucht. Zum anderen geschieht sie - mir fehlen dafür die Worte.
Selbstverständlich gibt es diesen somatischen Grund. Er hat die Kritiker allerdings nie überzeugt, weil nach ihrer Auffassung der Körper niemals auf den schreibenden Körper einwirken kann; sie halten die Psyche des Schreibenden für die Grundlage von Krankheiten geringeren Schweregrades.
Sa, 27.05.95, 10:00
Emanuel. Wörterbuch eines hingerissenen Flaneurs
1990
Aus: Jürg Laederach. Emanuel. Wörterbuch eines hingerissenen Flaneurs. 1990
Wäschewagen mit vogelscheuchenartigem Gelump seitlich raushängend. Die Wagen sind Holzgitter, hochhackig, mit vier wie nachträglich angebaut wirkenden altmodischen Speichenrädern. Betten stehen überall parkiert, mit gezogener Radbremse. Ab und zu ein Blick in ein anderes Zimmer. Alles gleich aussehend; in so kurzer Zeit kann man keinen von sich selber unterscheiden. Im Büro sitzt keine Schwester, entsetzlich, diese verwaiste Organisationszentrale; die Abteilung wird gleich kentern. Staubsauger werden gerollt. Heizbare Essenwagen flutschen geräuschlos zu den Hungrigen. Leere Spritzenkolben dick wie ein Arm, man saugt mit ihnen auf einmal das Blut eines ganzen Menschen aus, dessen Haut entleert vorn an der Nadel hängt und abgestreift wird wie ein Unterhemd. Auf den Menschen im Spritzkolben drückt man dann und jagt ihn einem anderen in den Arm. «Kriegst du auch Menschen gespritzt?» Die Nadeln dieser Kolben sind fingerdick. Es braucht sog. Vor-Nadeln, die erst eine Eingangsöffnung für die Nadel aufreissen. Manchmal wird die Haut auch gesprengt, eine Packung Semtexdynamit wird um den Ellbogen gebunden, Schnur um. Alles ist abendstimmig, alles dient der Gesundheit.
Fr, 29.05.92, 21:00
Emanuel. Wörterbuch eines hingerissenen Flaneurs
1990
Aus: Jürg Laederach. Emanuel. Wörterbuch eines hingerissenen Flaneurs. 1990
Wäschewagen mit vogelscheuchenartigem Gelump seitlich raushängend. Die Wagen sind Holzgitter, hochhackig, mit vier wie nachträglich angebaut wirkenden altmodischen Speichenrädern. Betten stehen überall parkiert, mit gezogener Radbremse. Ab und zu ein Blick in ein anderes Zimmer. Alles gleich aussehend; in so kurzer Zeit kann man keinen von sich selber unterscheiden. Im Büro sitzt keine Schwester, entsetzlich, diese verwaiste Organisationszentrale; die Abteilung wird gleich kentern. Staubsauger werden gerollt. Heizbare Essenwagen flutschen geräuschlos zu den Hungrigen. Leere Spritzenkolben dick wie ein Arm, man saugt mit ihnen auf einmal das Blut eines ganzen Menschen aus, dessen Haut entleert vorn an der Nadel hängt und abgestreift wird wie ein Unterhemd. Auf den Menschen im Spritzkolben drückt man dann und jagt ihn einem anderen in den Arm. «Kriegst du auch Menschen gespritzt?» Die Nadeln dieser Kolben sind fingerdick. Es braucht sog. Vor-Nadeln, die erst eine Eingangsöffnung für die Nadel aufreissen. Manchmal wird die Haut auch gesprengt, eine Packung Semtexdynamit wird um den Ellbogen gebunden, Schnur um. Alles ist abendstimmig, alles dient der Gesundheit.
Fr, 05.05.89, 15:00
Laederachs 69 Arten den Blues zu spielen
1984