Martin R. Dean

Martin R. Dean, geboren 1955 in Menziken. Er studierte Germanistik, Ethnologie und Philosophie. Er lebt als freier Autor, Essayist und Gymnasiallehrer in Basel. (2019)
Werke (Auswahl)
Warum wir zusammen sind.
Jung und Jung Verlag, 2019
Verbeugung vor Spiegeln. Über das Eigene und das Fremde.
Jung und Jung Verlag, 2015
Falsches Quartett.
Jung und Jung Verlag, 2014
Ein Koffer voller Wünsche.
Jung und Jung Verlag, 2011
Meine Väter.
Carl Hanser Verlag, 2003
Sa, 15.05.21, 16:00
Sa, 15.05.21, 19:00
Warum wir zusammen sind
Jung und Jung Verlag, 2019
In seinem vielschichtigen Gesellschaftsroman entwirft Martin R. Dean eine tiefgreifende, manchmal erbarmungslose, manchmal ironische, stets aber empathischen Analyse zeitgenössischer Beziehungsmuster. Feinfühlig und genau beschreibt er, was Paare verbindet und trennt und das, wonach alle sich sehnen: Liebe.
Aus: Martin R. Dean. Warum wir zusammen sind. Jung und Jung Verlag, 2019
Die Ehe ist das bürgerliche Format des Zusammenseins, das von Anfang an mit einem Konstruktionsfehler behaftet war. Dennoch: Wir kommen zusammen, weil wir uns lieben. Die Paare, die sich in gegenseitiger Treue üben, sind die einzigen Aufständischen unserer Zeit. [...] Liebe ist kein Angestelltenverhältnis, sondern Schicksal. [...] Nur der andere kann uns sagen, dass wir sterben, nur durch den anderen sind wir unsterblich.
Fr, 31.05.19, 10:00
Fr, 31.05.19, 16:30
Fr, 31.05.19, 21:00
So, 02.06.19, 11:00
So, 02.06.19, 14:00
Verbeugung vor Spiegeln. Über das Eigene und das Fremde
Jung und Jung Verlag, 2015
Was geschieht, wenn das Fremde das Eigene ist, in einer Umgebung, die dem Fremden mit grösster Zurückhaltung begegnet? In seinen Aufsätzen weiss Martin R. Dean darüber zu schreiben, weil es ihn nicht nur als Zeitgenossen interessiert, sondern am eigenen Leib betrifft. Biografische Erfahrung und essayistische Reflexion finden so zur Einheit.
Aus: Martin R. Dean. Verbeugung vor Spiegeln. Über das Eigene und das Fremde. Jung und Jung Verlag, 2015
Aber was wird, wenn unser Bewusstsein nur noch Bekanntes wiederkäut? Das Wagnis der Differenz, auf das wir mit unserem Denken die letzten fünfzig Jahre gebaut haben, scheint verloren zu gehen. Die Austreibung des Fremden bringt kein Heil, nicht mehr Vertrautheit und nicht mehr Gerechtigkeit; sie beraubt uns lediglich unserer Fähigkeit zur Toleranz. Sie nimmt uns ein Rätsel, eine Dimension der Erfahrung weg, die im Staunen, in der Überraschung oder im Schock ihren Ausdruck findet. Und in der Verwandlung.
Fr, 15.05.15, 16:00
Sa, 16.05.15, 12:00
Sa, 16.05.15, 15:30
Sa, 16.05.15, 17:00
Ein Koffer voller Wünsche
Jung und Jung Verlag, 2011
Der Enge der Schweiz meint Filip in die Weltstadt London entkommen zu können. Wünsche haben kein Gewicht, entsprechend leicht ist der Koffer, der randvoll mit ihnen angefüllt ist. Einen solchen Koffer erhält Filip Shiva Bellinger in London ausgehändigt. Wie gleicht dieser Koffer, eine Hinterlassenschaft seines Vaters, insgeheim ihm selbst. Ein Wust an Wünschen, die sich leicht verflüchtigen. Filip Shiva geht durch London auf der Suche nach seinem Vater, einem indischen Guru, den er nie gekannt hat. Die Mutter verliess ihn, bevor er geboren war.
Aus: Martin R. Dean. Ein Koffer voller Wünsche. Jung und Jung Verlag, 2011
Eines Tages brachte mir meine Mutter zwei Muscheln. Ich drückte sie an mein Ohr, vernahm ein gewaltiges Rauschen und wollte von da an ans Meer. Das Meer war gross und endlos. Es überschwemmte mich in meinen Kinderträumen. Immer wieder hielt ich die Muscheln an mein Ohr, bis meine Mutter sagte, ich bekäme davon Mittelohrenentzündung und solle aufhören. Aber schon war mir das Meer zur Lauschhöhle geworden, in die ich mich vor dem Gelächter verkriechen konnte.
Fr, 18.05. – So, 20.05.12, 12:00
Fr, 18.05.12, 14:00
So, 20.05.12, 13:00
Meine Väter
Carl Hanser Verlag, 2003
Aus: Martin R. Dean. Meine Väter. Carl Hanser Verlag, 2003
In der Nacht träume ich, mit Ray in einer grossen, sonnendurchfluteten Wohnung zu sein. Er trägt einen Massanzug und hantiert mit wertvollen Gegenständen – ich sehe undeutlich goldene Aschenbecher oder Schüsseln oder Tröge wie Sonnen. Er zieht mich zum Spülstein, wo er den linken Ärmel seines Anzugs zurückkrempelt, bis ein Armstummel ohne Hand zum Vorschein kommt. Ich helfe ihm, den Armstummel unters kalte Wasser zu halten, um ihn zu reinigen. Ein Fetzen Haut löst sich vom Stummel und bleibt im Spültrog kleben. Trotz dieses Anblicks bin ich guter Dinge, da wir nun endlich über seinen Armstummel würden reden können. Da ich weiss, dass unser Thema die fehlende Hand sein wird, schiebe ich das Gespräch hinaus, bis wir mit der Waschung zuende sind. Als er dann endlich zum Reden ansetzt, erwache ich.
Fr, 30.05.03, 16:10
Sa, 31.05.03, 14:00
Sa, 26.05.01, 10:00
Fr, 09.05.97, 10:00
Fr, 13.05.94, 14:00
Fr, 21.05.93, 14:00
Fr, 21.05.93, 20:30
Fr, 29.05.92, 21:00
So, 31.05.92, 10:00
So, 31.05.92, 14:00
Fr, 25.05.90, 10:00
Aus: Der Mann ohne Licht, Roman, unveröffentlicht
Verärgert knallte Dill das Buch in eine Ecke des Sitzes und zog sich den Kopfhörer des Walkman über den Scheitel. Draussen jagten mitttelständische Häuserreihen, Hangüberbauungen und Schrebergärten vorbei. – „Sonny meets Hawk“! Ein altes Bändchen, das ihm noch immer hart in die Ohren fuhr und kräftig in den Gedärmen rührte. Während der Zug durch einen leeren Bahnhof preschte, begann Sonny tief und staccatohaft mit „Yesterday“. Rauchig und prompt quäkte ihm Hawk entgegen. Dill drehte voll auf, draussen kippten die Wohnsilos weg. Der Zug jagte irgendwo ein ödes Vorgebirge hinauf. Jetzt das nägelkratzende, blechzerschneidende Aufheulen von Sonnys Saxophon, ein grauenhaft bronchiales Geröhre, einfach niederschmetternd. Ton um Ton legte er darauf, wie glühende Münzen auf einen Stock, kippte alles um, lief auf und davon, raste und tobte wie eine stampfende Büffelherde in der Steppe. Draussen ein zugekachelter Kanal, brackiges Wasser und in seinem Kopf diese Herde, eine Meute von Motorradfahrern, die die Lenkstangen herumriss, bremste, quietschte, maulte wie beim Cross. Stück für Stück wurde ihm die Seele durch den Wolf gedreht, das Gehirn soff ab in seliges Vergessen. Ein brachiales Gewitter, dann auf einmal lyrisch, behutsam „All the things you are“. Traurigkeit, Tränen und Tragik. Dill warf die Füsse auf den Sitz und räkelte sich wohlig in den Chorus hinein. Pauls Pianoslo zog ihn nun eher gemächlich, amüsiert über den Viadukt hin. Mit aufkommender Steigung aber meldete sich Hawk wieder, trötete sich zielstrebig hoch und zog eine jammernde, wie aus allen verschweissten Nähten platzende Apokalypse durch. Mitleidlos, wie sie sich gegenseitig hoch- und niederspielen, dachte Dill erfreut. Er war jetzt so aufgeregt, dass er mit den Knien wackelte und eine Zigarette nach der andern rauchte.