Simone Lappert

Simone Lappert, geboren 1985. Sie studierte am Literaturinstitut in Biel. Ihr Roman «Der Sprung» war für den Schweizer Buchpreis nominiert. Sie ist Präsidentin des Internationalen Lyrikfestivals Basel und war Schweizer Kuratorin für das Lyrikprojekt «Babelsprech.International». (2022)
Werke (Auswahl)
längst fällige verwilderung.
Diogenes Verlag, 2022
Der Sprung.
Diogenes Verlag, 2019
Wurfschatten.
Metrolit, 2014
längst fällige verwilderung
Diogenes Verlag, 2022
Der erste Gedichtband von Simone Lappert trägt den wunderbaren Titel «längst fällige verwilderung». Starke sprachliche Bilder führen die Leser*in durch Liebesbeziehungen, Natur, Städte und die Einsamkeit der Moderne. Neue Wortschöpfungen entstehen zuhauf. Dabei blitzt immer wieder ein unerwarteter Witz auf, so versponnen wie lapidar. Programmatisch ist das Gedicht «selbstporträt (w)», in dem die in der heutigen Zeit «längst fällige verwilderung» Tatsache wird. Bei ihrem Solothurner Auftritt wird Simone Lappert von Martina Berther musikalisch begleitet.
Aus: Simone Lappert. längst fällige verwilderung. Diogenes Verlag, 2022
schlaflos
als ob da im dunkeln was umkippt
hinter dem brustbein, beim atmen versickert,
jetzt, wo die luft so kühl und die blicke der andern
so zugefenstert, als ob da was scheuert und knotet,
als ob die ellbogen einwärts knicken
und durch die rippen nach innen wachsen,
als ob auch die hände einwärts ästeln,
als ob da ein wald unter der zunge,
ein blättriger störton im hals,
und dann das krachen der äste hinter den augen,
die zunehmende vermoosung der gedanken,
bis da aussen ein wald ums bett
und innen die fäuste, im rippentresor.
bewältigung
du schiebst die krise
im zickzack über den rasen,
die blumen lässt du stehen.
Fr, 27.05.22, 13:00
Sa, 28.05.22, 11:00
So, 29.05.22, 12:00
Der Sprung
Diogenes Verlag, 2019
Die 42. Solothurner Literaturtage fanden aufgrund der Corona-Pandemie online satt.
Eine Frau steht auf einem Dach und weigert sich herunterzukommen. «Der Sprung» versucht den Suizid dieser jungen Frau Manu als schwarzes Loch zu fassen, in das die Schicksale anderer Menschen gerissen werden. Der sorgfältig gebaute Plot ist eine kaleidoskopische Perspektive und erzählt wie die verschiedenen Figuren den Tritt im Leben verlieren, nachdem Manu vom Dach gesprungen ist. Simone Lappert lädt mit dieser Gegenwartsdiagnose voller Erzähllust, Tiefe und Humor zum Nachdenken ein.
Aus: Simone Lappert. Der Sprung. Diogenes Verlag, 2019
Bevor sie springt, spürt sie das kühle Metall der Dachkante unter den Füßen. Eigentlich springt sie nicht, sie macht einen Schritt ins Leere, setzt den Fuß in die Luft und lässt sich fallen, mit offenen Augen lässt sie sich fallen, will alles sehen auf dem Weg nach unten, alles sehen und hören und fühlen und riechen, denn sie wird nur einmal so fallen, und sie will, dass es sich lohnt…