Julian Wettach
Silicon Valley
von Julian Wettach
Und dann drehte sich meine Mutter um, und sagte, was willst du mit der
Kunst, und ich habe sie angeschaut und mich umgedreht und bin auf den
Balkon und habe mir eine Zigarette angezündet, und darüber nachgedacht,
was sie gesagt hat, und ob sie recht hat oder nicht, so habe ich doch
eigentlich keine andere Wahl, als in die Kunst zu gehen, als nicht zu
gehen, in die Kunst, denn war es doch genau das, was sie nicht verstand, oder nicht verstehen wollte, deshalb drückte ich die Zigarette aus und
ging hinein und sagte zu ihr, dass es nichts bringen würde, ihre
Ratschläge mich nicht umstimmen konnten, und dass ihre Versuche, mich
mit ihren Ratschlägen zu beeinflussen, keinen Sinn hätten, da ich doch
sowieso das tun würde, was ich wollte, und das kein Versuch, mich zu
überzeugen, mir jemals geholfen habe, da ich dann unweigerlich in einer
Sackgasse gelandet sei, und es deshalb nutzlos, ja vollkommen nutzlos
sei, mich zu beeinflussen, oder mich beeinflussen zu versuchen, da ich
sowieso schon lange nicht mehr auf sie hören würde, sagte ich, und dass
dies eigentlich nicht stimmt, wie ich dachte, aber es sagen musste, da
ich sie insgeheim hasste, dafür, für ihre Aussagen und ihre Ratschläge,
die sie mir ständig gab und sich mein Vater dann, bei diesen Ratschlägen meiner Mutter immer umdreht und etwas tut, und nichts sagt und dann nur ich und sie, und sie mir sagen wird, dass es nichts nütze, und das
dieses in die Kunst gehen schlussendlich nutzlos, völlig nutzlos sei, da man die Arbeit vernachlässigte und seine Zeit besser in die berufliche
Vorsorge einsetzen würde, wie sie sagte, so sagte ich ihr dann immer,
sie habe keine Ahnung und wisse eigentlich nicht, um was es gehe, denn
sei es doch genau das, was mich so dermassen störte, so war es doch
genau diese schreckliche Arbeitsmoral, die ich verachtete und dass sich
immer überhaupt alles nur um die Arbeit dreht und um das Geld, das liebe Geld, dass uns das ganze Leben begleitet, und uns erzieht und
eigentlich sind es nicht die Eltern, die den grössten Einfluss haben auf uns, sondern das Geld und der Status und die Macht und die Beziehung zu dem Geld ist der grösste Einfluss und wie wir damit umgehen ist
wichtig, nein das absolut Allerwichtigste ist das Geld selbst, wie viel
man hat, wer man ist, und was man tut, kann man nicht ohne das Geld, so
ist es auch für mich und meine Mutter, wichtig ist der Besitz und die
Planung, denn was man im Leben tut, ist in unserer Gesellschaft, was man mit seinem Geld im Leben tut, und daraus die Arbeit, die man den ganzen lieben Tag lang tut und währenddessen man es tut, man sich manchmal
fragt, warum man es tut und weshalb, und man sich überlegt, und sich
fragt, und zu sich sagt, wie absurd eigentlich das ganze Spiel ist,
dieses Theater und dieses System eigentlich absurd ist, dieses haben
oder nicht Spielchen und wer keines mehr hat, hat verloren, so wie die
meisten Penners auf der Strasse, die dich nach dem Stutz fragen, für die Notschleife, aber du gibst natürlich nichts an die an die Penners und
die Junkies und die Schnapsleichen und die Heroinsüchtigen und
Alkoholabhängigen aus unserem Land, die sozusagen der Bodensatz dessen
sind, was man in der bürgerlichen Gesellschaft auf jeden Fall nicht
sehen will, und es am liebsten abschaffen würde, dieses ganze Gesindel
und die Randständigen aber es einfach nicht klappt, der Abfall unter den Menschen, der Abschaum, es nicht klappen würde, sie zu entfernen aus
der Gesellschaft, wie es niemals gehen würde, das bürgerliche aus der
Gesellschaft zu entfernen, weil unweigerlich das bürgerliche nur ein
Attribut ist für die breite, fette Masse, und man diesen stinkenden Rand der Gesellschaft eigentlich schon lange wegschneiden wollte, sich aber
diese Unterschicht nicht gelöst habe, und man deshalb Verbot um Verbot
aufgestellt hat, um wenigstens die Randständigen von den lebenswerten
Zonen fernzuhalten, so gab es doch tatsächlich einen Wegweiseartikel,
dass es den Randständigen nicht erlaubte in gewissen Zonen sich
aufzuhalten, und dass man dann, wenn man dies tue, unverzüglich in die
Aussenbezirke abgeladen wurde, und man bei einer erneuten Handlung mit
einem dauerhaften Verzeig rechnen musste, so als wären diese
Randständigen gefährlich und kriminell und überhaupt schmutzig und
dreckig und faul und pöbelhaft und ruppig, und sie werfen den Müll zu
Boden und lassen die Flaschen stehen, die Bierflaschen, die sie trinken
und schmettern dann anschliessend die Bierflaschen und die Dosen an die
Wand, so dass es Scherben gibt, und dass man diese Scherben der
Bierflaschen liegen lässt und sich die Bürgerlichen denken, weshalb denn dieses Gesindel immer noch dort stehen darf, und deshalb machen sie ein Gesetz, dass es verbietet, die Bierflaschen zu zerschmettern,
geschweige denn die Bierflaschen in irgendeiner Weise an die Wand zu
schmettern, so wäre mit einer Busse von bis zu fünfzig Stutz zu rechnen, und man dann unverzüglich die Zone zu verlassen habe, doch als die
Bürgerlichen merken, dass sich auch mit dieser Regelung nichts erreichen lässt, lässt man Kästen bauen mit Hochfrequenzen, die das Gehör eines
Jugendlichen stören, nur das dumme ist, dass sich nun noch mehr alte
Randständige einfinden, um wenigstens dort bei der Zone ein Bier zu
trinken und eine Zigarette zu rauchen, und deshalb sind sich die
bürgerlichen Parteien einig, dass sich nun wirklich etwas ändern müsse,
an dieser unhaltbaren Situation, und dass man nun gezwungen sei, nach
den Vorfällen von letzter Woche, Massnahmen zu ergreifen, und man
tatsächlich Kameras und Aufnahmegeräte hinstellte, um zu evaluieren, ob
sich eventuell einer nicht an das Gesetz gehalten habe, und ob eine
vermutliche Gesetzesüberschreitung stattgefunden habe, und man dieses
Material dann in die Onyx einspeisen konnte, was die wenigsten gewusst
haben, so haben die bürgerlichen immer noch nicht herausgefunden, wie
man denn das Lumpenpack von dieser Zone hätte entfernen können, sie
haben noch kein Gesetz entwickelt, mit dem man dieses Gesindel hatte
vertreiben können, und trotzdem versuchen sie immer noch mit Gesetzen,
die nichts aber auch gar nichts bringen, und noch nie etwas gebracht
haben, die Welt einzuschnüren, und uns Regeln aufzudrücken, die kein
Mensch braucht und wir eigentlich uns schlussendlich immer gleich selbst einschnüren, und wir dann irgendwann merken, dass wir doch diese
absolut sinnlosen Gesetze nicht mehr auflösen können und uns diese
Weltsicht blockiert, es uns allerdings nicht gelingt, das andere
Weltbild anzunehmen, so wäre doch ein neues System das allerwichtigste,
das alte zu zerstören, und mit ihm die Gesetze und die Ordnung der
Dinge, so wie sie sind, und die Geschichte nicht als exakte Abfolge von
zeitlichen Abfolgen anzusehen, ist, wie Vartens sagte, sondern,
andersherum, als zeitlose Abfolgen einer Entwicklung, und all dies habe
ich meiner Mutter an den Kopf geschleudert, gerade als ich eigentlich
gehen wollte, fragte sie mich noch, was ich denn mit der Kunst wolle,
was willst du denn in der Kunst, hat sie gefragt, und ich habe ihr das
gesagt und sie hat nichts gesagt und ich habe mich umgedreht und bin zur Türe gegangen, und habe sie ein letztes Mal angeschaut und bin dann
gegangen und habe mir auf dem Weg zur U-Boot Station eine Zigarette
angezündet.