Anita Pichler (AT)
Wie die Monate das Jahr
Suhrkamp Verlag, 1989
Aus: Anita Pichler. Wie die Monate das Jahr. Suhrkamp Verlag, 1989
...Das hätte ich gesagt, hätte mir keine Stimme gewünscht. Eine andere hatte mein Anliegen vorgetragen, sie spricht und verschwindet. Sie ist nur die Stimme auf dem Band, wird gelöscht. Sie kann Dinge aussprechen, die ich nicht sagen kann.
Ich zeichne. Ich zeichne für das neugierige Auge, für den aufmerksamen Blick das Auge zu fesseln, es an das Papier zu gewöhnen an das weisse Blatt, den Strich. Ich zeichne Punkte, um Ruhe zu schaffen, ein kurzes Verweilen. Ich zeichne gegen Plane und Spielregeln. Ich zeichne gegen die Abwesenheit. Ich zeichne den Punkt, an dem man mich treffen kann. Ich zeichne Schiffbruch.
Der Druck von unten und von oben ist beinahe gleich: eine gebogene Linie. Der Druck steigt, die Linie windet sich, weicht ihm aus. Wenn der Druck noch stärker wird, erreicht die Schlangenlinie die grösste Krümmung, knickt an der Spitze, fällt über sich selbst zurück.
Oswald wurde es übel, er wollte noch ein Fass über Bord rollen, das letzte, er rutschte rückwärts und wieder nach vorn, hörte das Holz der Masten bersten, jemand erfasste seine Füsse, Oswald stösst sich frei, der Mastbaum ist neben ihm niedergegangen, hat das Fass weitergerollt, es treibt ihn, kopfüber kopfunter, in rollt, die Fluten, bis an den Grund.