Christina Viragh
Fr, 18.05.12, 12:00
Sa, 19.05.12, 12:00
So, 20.05.07, 13:30
Fr, 30.05.03, 14:00
Aus einem noch unveröffentlichten Roman-Manuskript
Mutter hat den Bettladen aufgeschoben und sagt: «Ist es nicht möglich, ein Feuer zu machen? Von draussen kommt überhaupt keine Helligkeit herein, und hier ist es dunkel wie in einer Kuh. Wer ist in der Küche? Ist sie das? Sie ist ein Fisch in einem Bottich, schwimmt im Kreis herum und macht den Mund aufundzu. Die üble Nachrede ist eine grosse Tröstung. Ein Fisch in kaltem, schwarzem Wasser, wenn er wendet, erscheint sein gekrümmter Rücken an der Oberfläche. Sie bringt es nicht fertig, wenigstens mit etwas Glut hereinzukommen. Nicht einmal den Wandvorsprung sehe ich, ein schlechtes Zeichen. Da sollte die senkrechte Kante sein und ganz oben die Meerjungfrau mit dem flachgedrückten Kopf. Ein Scheit könnte sie wenigstens bringen. Was macht sie? Lässt sie ihre Holzsohlen über den Küchenboden schleifen, oder schabt sie am rohen Granit der Fensterbank die Schuppen vom Karpfen, oder zieht sie an der Seilwinde Reisig hoch, das sich dreht und die Hauswand streift? Sie ist ein Fisch, der das Maul halb unter, halb über der Wasseroberfläche hörbar auf und zu macht. Den hinteren Teil seines Körpers sieht man im schwarzen Wasser nicht. Sie ist ein halber Fisch. Was redet sie vor sich hin? Vor dem Fischmaul entstehen Blasen, platzen gleich.»