Ernst Halter

Ernst Halter, geboren 1938 in Zofingen. Er studierte Germanistik, Kunstgeschichte und Geschichte. Seit 1985 ist er als Autor, Herausgeber und Redaktor tätig. Er lebt in Althäusern.
(2019)
Werke (Auswahl)
Zwiegesicht.
Wolfbach Verlag, 2019
Mermaid.
Klöpfer und Meyer, 2018
Gerodete Zeit.
Wolfbach Verlag, 2017
Aschen Licht.
Wolfbach Verlag, 2015
Hinter den sieben Bergen.
Limmat Verlag, 2012
Englische Suite.
Wolfbach Verlag, 2012
Jahrhundertschnee.
Ammann Verlag, 2009
Irrlicht.
Ammann Verlag, 1995
Aschermittwoch.
1990
Zwiegesicht
Wolfbach Verlag, 2019
Ernst Halters Gedichtband «Zwiegesicht» beeindruckt durch eine radikale Poetisierung der Welt, in der wir alle leben. Seine Gedichte sind Tiefenbohrungen in historischem wie alltäglichem Gelände: offen für eine andere Dimension, für die Geschichten aus der Geschichte, die Schatten der Toten, gar die Transzendenz. Der Band bietet Seite für Seite geschmeidige, kompakte, anspielungsreiche Poesie.
Aus: Ernst Halter. Zwiegesicht. Wolfbach Verlag, 2019
Geerdet
Heut Abend kommt mir von fern
freundlich und fremd:
Ich war,
der sich mich leisten konnte,
vertieft ins schöne und schwierige
Spiel zu sich selbst.
Mir scheint er bis auf die Liebe
getan
und ein paar gebundene Worte.
Wie oft noch schlafen.
Ich schlafe gern.
Jetzt proben die noch Stimmenlosen
im archaischen Schlaf
ihr Gewisper durch Kiemen
für den ersten
Tag danach.
Fr, 31.05.19, 11:00
Fr, 31.05.19, 15:00
Jahrhundertschnee
Ammann Verlag, 2009
Ernst Halter hat sich einen Namen gemacht als Lyriker und als Epiker, der die Geschichten und die Geschichte seiner Zeit erzählt, der Menschen und der Orte, ihrer Konflikte. Der Titel seines jüngsten, gross angelegten Romans ist Programm: «Jahrhundertschnee». Schauplätze sind Deutschland, die ungarische Provinz, Wien, die Ukraine, die Schweiz. Der Gang der Geschichte lässt sich an den Schicksalen der Einzelnen ablesen.
Aus: Ernst Halter. Jahrhundertschnee. Ammann Verlag, 2009
Jeder Grundsatz spricht einen Satz ohne zureichende Begründung. Jede Überzeugung erwartet uns als nickende Zeugen. Jede Ideologie gehorcht einer Idioten-Logik. Jeder Glaube ist eine Tat, und jeder Gläubige trägt in sich den Täter. Leicht ist Nichtwissen und Handeln; schwieriger Nichtwissen und Seinlassen; am schwierigsten, sich um Wissen zu bemühen und dann erst etwas zu tun.
So, 24.05.09, 15:00
Irrlicht
Ammann Verlag, 1995
Sa, 15.05.99, 10:00
Aus: unbekannt
1990
Aus: Ernst Halter. Aschermittwoch. 1990
Jede Geschichte gehorcht den Gesetzen der Physik; anders könnte sie keine Gestalt gewinnen. Sie bildet sich freiwillig unfreiwillig aus andern Geschichten: ein Stern aus einer heissen Gaswolke, sie ist deren begründbare Folge, denn einen Anfang nach dem Urknall gibt es nicht. Wo ein Geschehen aus Geschehenem herauswächst, die Kraft zur eignen Gestalt sich durchsetzt, wo Gravitation und Rotationsenergie eines Massepunkts die Umgebung differenziert zu beeinflussen beginnen, da wird Geschichte. Die Bestimmung dieses kritischen Augenblicks kommt einer Definition des Standorts von Beobachter und Berichterstatter in der Zeitgleich. Den Erzähler wie den Hörer interessiert nicht die abstrakte vierte Dimension, darin die Menschen und ihre Geschicke gesetzmässig sichtbar werden, sich konstellieren und erlöschen: ihn fesselt das scheinbar Ungesetzliche die plötzlichen Beschleunigungen, die wellenartigen Verdichtungen, die Triibungen und Turbulenzen, die ein Ereignis anzeigen. Dies muss keine Supernova sein; es genügen Lichtschwankungen eines Sterns. Vielleicht umkreist ihn ein rot vereister Komet, vielleicht verdunkelt ihn ein unsichtbarer, erloschener Begleiter.