Josef Winkler (AT)

Geboren 1953, lebt in Klagenfurt. (2009)

Werke (Auswahl)

Ich reiss mir eine Wimper aus und stech dich damit tot.
Suhrkamp Verlag, 2008

2009

Ich reiss mir eine Wimper aus und stech dich damit tot

Suhrkamp Verlag, 2008

In seinen Romanen und Erzählungen setzt er sich immer wieder mit seiner Kärntner Heimat auseinander, reibt und stösst sich an ihr in einer drängenden, obsessiven Sprache und mit einer Wut, die allem Einschnürenden gilt. Auch in seinen neueren Texten, die von Italien oder Indien erzählen, lässt er Pathos und Banalität aufeinanderstossen, in einer unvergleichlichen und nie nachlassenden Intensität. Im vergangenen Herbst ist Josef Winkler mit dem Georg Büch- ner-Preis ausgezeichnet worden.

Aus: Josef Winkler. Ich reiss mir eine Wimper aus und stech dich damit tot. Suhrkamp Verlag, 2008

Der TOD war also eingetreten in den Jungen, im Sinne des Wortes, dem Wahrsten. Der Leichenwagen blieb im Stau stecken. In dem für die Bevölkerung völlig überraschenden Ausgrabungs-, Bau- und Asphaltierungswahn der Fussballeuropameisterschaft gab es auf den Strassen unzählige Hindernisse und Verkehrstafeln, die einem auf Schritt und Tritt begegneten, und so haben die verantwortlichen Strassenbauer, die Sensenmänner von Klagenfurt, schliesslich den Tod buchstäblich aus dem Asphalt gestampft, er musste kommen, und ein Kind musste dran glauben. Über eine Stunde lang soll der tote Junge auf dem Asphalt gelegen haben, bis er in einen provisorischen grauen Zinsarg gebettet wurde. «Der Asphalt ist der Spiegel des Tages», schrieb Paul Nizon. Und der Asphalt, der Spiegel des Tages, wurde durch dieses Unglück zum Spiegel des Jahres.

Sa, 23.05.09, 20:30

Lesung
Landhaus Landhaussaal
Moderation: Martin Zingg