Ludwig Lugmeier

Geboren 1949 in Oberbayern. Ist Schriftsteller und «Millioinendieb». Während seiner Haft bagann er ernsthaft zu schreiben. Es entstanden Tagebücher, Porträts seiner Mithäftlinge, Gedichte und Geschichten. Heute lebt er als Schriftsteller und Märchenerzähler in Berlin. (2005)

Werke (Auswahl)

Der Mann, der aus dem Fenster sprang: Ein Leben zwischen Flucht und Angriff.
Antja Kunstmann Verlag, 2005

2006

Der Mann, der aus dem Fenster sprang: Ein Leben zwischen Flucht und Angriff

Antja Kunstmann Verlag, 2005

Ludwig Lugmeier erwarb sich schon früh einen legendären Ruf. Er überfiel Geldtransporte, ihm gelangen mehrere Coups, seine Raubüberfälle mit Komplizen galten als die spektakulärsten der deutschen Nachkriegsgeschichte. Im Februar 1976 sprang er während seines Prozesses aus dem Fenster des Gerichtssaales entkam.

Aus: Ludwig Lugmeier. Der Mann, der aus dem Fenster sprang: Ein Leben zwischen Flucht und Angriff. Antja Kunstmann Verlag, 2005

Doch das Geld schmolz schnell in den Bars, Restaurants und im Casino des Atahualpa-Hotels. Über der Stadt stauten sich Wolken und in den Gassen und Straßen brütete faulig die Äquatorhitze. Im lehmgelben Wasser des Daúle trieben Bäume zum Meer und am anderen Ufer des Stroms waren die Sümpfe, in denen einst Pizarro den Kaziken die Kehlen durchschnitten hatte. Guayaquil war eine Stadt der Huren und Diebe, der Bettler und Reichen und am Ufer des Stromes lag der Bucanero mit Schaufelrädern und wartete darauf, daß ich zu den Galapagos fuhr.
Aber ich blieb in der Stadt. Die Hitze und der Geruch des Stroms machten mich trunken. Ich wohnte im Humboldt Hotel, doch wenn es Abend wurde, ging ich ins Atahualpa-Casino. Zuerst setzte ich immer auf die Acht und die Elf. Doch wenn sie nicht kamen, suchte ich auf anderen Zahlen nach dem Geheimnis. Am Anfang gewann ich, doch dann verlor ich lange. Ich hätte das Geld ebensogut in den Daúle werfen können. Manchmal spuckte ich den livrierten Zwergen auf die rasierten Köpfe, wie es die anderen Spieler taten, doch die Flüche, die sie mir nachschickten, halfen nicht. Sie steckten fünf Sucres ein und wischten sich die Spucke vom Kopf, während ich die Missgeburten zu hassen begann. Kaum ging ich an ihnen vorbei, streckten sie mir wieder ihre riesigen Schädel hin.


Fr, 26.05.06, 14:00

Lesung
Altes Spital, kleiner Saal
Moderation: Wolfgang Bortlik