Margrit Schriber

Geboren 1939, lebt in Zofingen.
(2012)
Werke (Auswahl)
Das zweitbeste Glück.
Verlag Nagel & Kimche AG, 2011
Die falsche Herrin.
Verlag Nagel & Kimche AG, 2008
Schneefessel.
Verlag Nagel & Kimche AG, 1998
Tresorschatten.
1987
Kartenhaus.
1978
Das zweitbeste Glück
Verlag Nagel & Kimche AG, 2011
Margrit Schriber hat sich mit der literarischen Aufbereitung historischer Fakten einen Namen gemacht. Im jüngsten Roman Das zweitbeste Glück steht das glamouröse Geschwisterpaar Julie Helene und Oskar Bider im Mittelpunkt: sie provoziert als Femme fatale auf der Kino-Leinwand; er sorgt für Schlagzeilen als Flugpionier. Schriber gelingt es, uns nicht nur das dramatische Schicksal zweier unkonventioneller Menschen nahe zu bringen, sondern auch Einblick zu geben in die Anfänge des Filmschaffens und der Aviatik in der Schweiz.
Aus: Margrit Schriber. Das zweitbeste Glück. Verlag Nagel & Kimche AG, 2011
«Wenn ich nur einmal auftreten dürfte und nach geendigtem Spiel gefeiert würde. Nur dieser Wunsch… »
Der Satz steht im Tagebuch von Julie Helene Bider.
Am Nachmittag des 7. Juli 1919 tötet sich die Stummfilm-Schauspielerin in ihrem Wohnschlafzimmer im Hotel Bellevue au Lac in Zürich mit einem Schuss in den Kopf. Sie ist vierundzwanzig Jahre alt. Das Türschloss ist nicht verriegelt. Sie hat Kissen und Decke leicht zur Seite gerückt, wohl um die Daunen nicht mit Blut zu durchtränken und keine grossen Umstände zu machen.
Fr, 18.05.12, 11:00
Fr, 02.05.08, 16:00
Schneefessel
Verlag Nagel & Kimche AG, 1998
Aus: Margrit Schriber. Schneefessel. Verlag Nagel & Kimche AG, 1998
Weder die Marschallin noch Albin sind unter den Fahrgästen. Und im Tell reissen die Betrunkenen das Fenster auf, um beim Anblick der Gestalt neben dem stiebenden Wasserfall in Gegröhle auszubrechen und das Fenster wieder zuzuschlagen. Seht unsere Croupier-Lini über der tosenden Schlucht! Reglos sitzt sie im durchnässten Maschenstrick des Wolldepots Fedier auf dem Ausblick. Wovon will sie jetzt leben? Nun ist es vorbei mit dem Grossartigtun. Sie hat immer geglaubt, dass ihr das Leben einen Platz im Kurhaus beschieden hat. Doch das Leben hat sie auf einen Felsen verwiesen. Sie breitet pünktlich eine Decke über den Fels, man kann die Uhr nach ihr richten. Das Bild hat etwas Theatralisches, Fliege. Die schieferfarbene Faltung des Steins, die tropfenden Eiszapfen und im Donner des stiebenden Wasserfalls: Ich, die Hinterlassenschaft der Abgereisten. Dröhnend drehen die Postautos im Bannwald ihre Kehren und am Himmelsausschnitt stirbt der Tag dahin.
Fr, 22.05.98, 15:00
Tresorschatten
1987
Aus: Margrit Schriber. Tresorschatten. 1987
„So beginnt eine Geschichte, eine von vielen. Im Sommer. An einem Abend mit Musik. Die Millionen-Geschichte. Wir kennen sie. Es hat früher schon Abende gegeben. Und Herren, die sich verbeugten. Und die Damen wussten, dass sie ihrem Tänzer nie wieder begegnen durften. Man ahnt das im ersten Augenblick.
Dieser nicht!
Dieser wird zur Gefahr.
Aber sie waren dem Tänzer begegnet. Immer schon das eine Mal zuviel. Unbelehrbare, Tolle, zupften ein paar Locken in die Stirn, malten sich Kohlaugen, öffneten einen Blusenknopf und flanierten eine Hauptstrasse auf und ab. Bis sie dem Tänzer wieder begegneten.
Ich habe dich gesucht. Zu Hause war kein Aushalten. Zeit zerrann, kostbare Zeit. Jetzt schlägt der Himmel sich um mich zusammen.
Die schönsten Worte fielen ihnen ein. Sie sprachen mit Engelszungen, hatten einen frommen Blick, und der Geliebte legte ihnen zart die Hände um den Hals. Auch er hat lange gewartet. Immer schon auf sie gewartet. Seit sie siebzehn war. Er hat in jeder Begegnung diese eine gesucht. Es gab kein Gesicht, keinen Namen, aber als ich dich sah, habe ich dich als die meine erkannt.
Die Damen lauschten der Stimme, den Worten, ihre Fingerspitzen auf der Perlenschnur, die der Geliebte in ihrem Nacken schloss.“
Fr, 29.05.87, 14:00
Kartenhaus
1978