Stefanie Sourlier
Das weisse Meer
2011
Ein erstaunliches Erstlingswerk legt Stefanie Sourlier mit ihrem Erzählband «Das weisse Meer» vor, erschienen in der Frankfurter Verlaganstalt. Immer wieder kreist die Erzählerin in den verschiedenen Geschichten um die Themen Tod und Erinnerung, die beide in ihren verschiedenen Formen und Aspekten klug ausgeleuchtet werden. Man darf auf die weiteren Texte der jungen Autorin gespannt sein.
Aus: Stefanie Sourlier. Das weisse Meer. 2011
Als ich elf Jahre alt war, wollte ich sterben und schluckte das Kupfersulfat aus dem Kosmos-Chemiekasten, den mein Bruder zum Geburtstag bekommen hatte. Nachdem Paul die Herstellung von Plutonium nicht gelungen war, blieb der Chemiekasten unberührt unter seinem Bett liegen. Auch mein erster Versuch misslang. Ich nahm einen Löffel der leuchtend blauen Kristalle auf die Zunge. Kupfersulfat wirkt ätzend auf Haut und Schleimhäuten. Schlimm war nicht die schmerzende Zunge, nicht der Hals, Angina in fortgeschrittenem Zustand, sondern der Geschmack.