Adelheid Duvanel
Aus: Selbdritt
Einmal habe ich durchs geöffnete Fenster meiner Kammer den echten Winter angeschaut, der nur einen Tag und eine Nacht dauerte. Das Rosalicht auf dem Himmel und auf dem Schnee, die stillen Fenster. Was wie ein Stern aussieht, ist ein Licht am Ende des hohen Kamins der Kehrichtverbrennungsanstalt.
Es lebt ein junger Mann in meiner Wohnung, der ab und zu sagt: «Es ist alles ein bisschen wirr.» Manchmal, wenn er zur Tür hereintritt, bemerkt er: «Ich dachte, du bist schon am Kochen, hausfraulich.» Das gab es noch nie, dass ein Satz zu Ende gesprochen wurde. Auch der Anfang eines Satzes ist noch nie gefunden worden. Es gibt Wörter die verschieben einen Satz nur ein wenig ins Dunkle oder Helle, ins Leise oder Laute. Jana merkt sich früh, welche ihrer Eigenschaften die Erwachsenen erfreulich finden, doch schmerzlich sind die Erfahrungen, die sie macht, wenn sie die Leute zum Lachen bringen will. Manchmal wird Jana für das Aussprechen eines Satzes gelobt, wir sind belustigt, doch der gleiche Satz erregt an einem andern Tag Unwillen und wir schimpfen sie dafür aus. Der junge Mann, den Jana viele Tage nicht gesehen hat, steigt ins Tram, wo Jana mit ihrer Schulmappe auf dem Schoss sitzt und sagt: «Ich gratuliere dir zum Geburtstag.»