Aleksandar Tišma (YU)

1924-2003. Aleksandar Tišma, 1924 im ehemaligen Jugoslawien geboren, wuchs in Novi Sad auf. Nach dem Krieg arbeitete er zunächst als Journalist und Verlagslektor, dann als freier Schriftsteller. Er wurde unter anderem mit dem Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung ausgezeichnet. Er starb am 16. Februar 2003 in Novi Sad.
(1997)

Werke (Auswahl)

Treue und Verrat.
Carl Hanser Verlag, 1999

Die wir lieben.
Carl Hanser Verlag, 1996

2000

Treue und Verrat

Carl Hanser Verlag, 1999

Fr, 02.06.00, 17:00

Lesung und Gespräch
Mit: Miljenko Jergović (BA), Klaus Detlef Olof
Landhaus Landhaussaal
Moderation: Bernadette Conrad (DE)
1997

Die wir lieben

Carl Hanser Verlag, 1996

Novi Sad nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Zeiten sind schlecht, und die Prostitution ist verboten. Doch das Geschäft der Kupplerinnen blüht, solange sie nicht erwischt werden. Da ist Miluska, die ihre Kunden in ihrer schimmligen Mansardenwohnung empfängt, oder Tante Ruza, die eigentlich eine gutbürgerliche Ehe führt und ihre Ottomane im franzisko-josephinischen Schlafzimmer nur vormittags vermietet.

Aus: Aleksandar Tišma. Die wir lieben. Carl Hanser Verlag, 1996

In der Stadt ist die Schwarze Vera eingetroffen. Sie war über zehn Jahre weg, und währenddem wusste und hörte man nichts von ihr. Dennoch scheint nun, wo sie zurückgekehrt ist, allen, sie wäre gar nicht fortgegangen. Vielleicht weil sich Vera in den zehn Jahren nicht verändert hat; nur ihre Situation ist eine andere, was sie jedoch nicht hindert, wieder Begegnungen mit Männern zu suchen.
Kurz vor dem Krieg hat sie sie in der gewundenen Majevi´c -Strasse empfangen, in einem ebenerdigen Mietshaus, dessen drittes Fenster auch jetzt die einstigen Bekannten auf der unwillkürlichen Suche nach Veras Vase hinter der Scheibe betrachten. Diese Vase ist eine wesentliche Stütze ihrer Erinnerung: sie verkörpert etwas von Veras findigem, aber trockenem und spöttischem Naturell. Eine einfache Töpferarbeit aus braunem glasiertem Ton ohne Dekor, darin drei künstliche Rosen mit staubigen Blütenblättern und kahlen Stielen aus rostigem, schwarzem Draht. Damals war für Veras Gäste diese unschöne Dekoration ein Zeichen, dass sie bei ihr eintreten konnten, denn sie stellte sie nur ins Fenster, wenn sie allein war, so wie ein Leuchtturmwärter das Licht entzündet, wenn die Einfahrt in den Hafen frei ist.


Fr, 09.05.97, 20:30

Lesung
Landhaus Säulenhalle
Moderation: Christine Tresch