Barbara Ott
Silberprinz und Scheidenrot oder Mein schönes Fräulein Schlampe
Bilger Verlag, 1989
Aus: Barbara Ott. Silberprinz und Scheidenrot oder Mein schönes Fräulein Schlampe. Bilger Verlag, 1989
Im Wintermantel knie ich auf dem Stuhl. Wiedermal hänge ich vor der Glotze, wie es öfters vorkommt, wenn ich von mir und allem um mich herum genug habe. Das Geflimmer sollte eigentlich zerstreuend wirken. Aber «Der Fluch des Tut Ench-Amun» kann mich überhaupt nicht in Bann schlagen. Ich kaue den letzten Rest, der von meinen Fingernägeln noch übrig ist. Ich bringe die Panikstimmung, die dieser Traum ausgelöst hat, einfach nicht aus mir raus. Mein Zustand erinnert an vergangene Zeiten. Damals war dieses Bedrücktsein schon fast zur Gewohnheit geworden. Innere Krämpfe, Hirnbrennen, Unzufriedenheit mit mir selber; das Gefühl von Einsamkeit und Unsicherheit den andern gegenüber. Das waren früher meine ständigen Begleiter, könnte man sagen. Seit den acht Monaten, die ich alleine hier wohne, geht es mir besser. Kann mich an keine grössere Depression zurückerinnern. Ich bin viel ausgeglichener, wacher und stärker geworden. Ich kann mich nicht mehr in dieses Faul hineinsteigern, weil niemand da ist, der mich bemitleidet und mir bestätigt, dass ich nur recht habe, wenn ich mich ein Arschloch finde. Es ist auch niemand da, der mir die Tranchen wegwischt und mir gut zuredet. Deshalb sage ich mir: «Also, Barbara, entweder heulst du die ganze Nacht durch. Oder du reisst dich zusammen und machst was aus den Gefühlen. Du malst jetzt ein Bild oder schlägst die Trauer in die schwarzen Tasten deiner Schreibmaschine!»