Eshkol Nevo (IL)
Vier Häuser und eine Sehnsucht
dtv, 2007
In der Wand zwischen den beiden Wohnungen ist ein Loch, damit man von beiden Seiten an den Schalter fürs warme Wasser kommt. Auf der einen Seite wohnt das Studentenpaar Noa und Amir, auf der anderen Seite ihre Vermieter, Mosche und Sima. Im Haus gegenüber lebt eine Familie, deren Sohn Gidi gerade im Libanon gefallen ist. Seinem kleinem Bruder Yotam gehört eine der Erzählstimmen in Eshkol Nevos Debütroman. Doch die Lesenden erhalten auch Einblick in das Leben des arabischen Bauarbeiters Sadeq, dessen Mutter von einer Rückkehr träumt und die noch immer den Schlüssel zu jenem Haus besitzt, aus dem sie 1948 vertrieben wurde.
Aus: Vier Häuser und eine Sehnsucht. dtv, 2007
Alles hört man durch diese Wände. Und wenn ich sage alles, dann meine ich auch alles. Sollen sie glücklich sein, die beiden Studenten. Fast jeden Tag, manchmal zweimal. Und was diese Noa für Laute macht, Gott im Himmel. Aber nicht immer. Manchmal hört man auch nur das Bett quietschen und wie sie lachen, aber alle paarmal, wenn es gut läuft, dann geniert sie sich aber auch gar nicht, dann schreit sie ihre ganze Lust heraus. Und was am komischsten ist: Immer wenn meine kleine Lilach, immer wenn sie hört, wie Noa es geniesst, erschrickt sie und fängt an zu weinen, dann muss ich sie hochnehmen und beruhigen, und bei dieser Gelegenheit muss ich mich auch ein bisschen beruhigen, denn wenn ich ehrlich bin, diese Geräusche bringen mich ein bischen durcheinander.