Norbert Gstrein

Geboren 1961 in Mils (Tirol), lebte zeitweise in Zürich, jetzt in Hamburg. (2015)

Werke (Auswahl)

Wem gehört eine Geschichte.
Suhrkamp Verlag, 2004

Selbstportrait mit einer Toten.
Suhrkamp Verlag, 2000

2005

Wem gehört eine Geschichte

Suhrkamp Verlag, 2004

Aus: Norbert Gstrein . Wem gehört eine Geschichte. Suhrkamp Verlag, 2004

Es war in der Nähe des Dorfes Islam im Hinterland von Zadar, mit seinen beiden Teilen Islam-Grcki und Islam-Latinski, wo ich zum ersten Mal in ehemaliges Kampfgebiet gekommen bin und diese andere Stille wahrgenommen habe. Sie erschien mir als eine auf unbestimmte Zeit verlängerte Schweigeminute, angesichts der dachlosen Gebäude, aus denen Sträucher in einen wie immer blauen Frühlingshimmel wuchsen, und der vom Geklecker der Granatspuren über und über gesprenkelten Mauern. Zusammen mit dem Stillstand in der Mittagshitze, in dem jede Bewegung die erste Bewegung überhaupt hätte sein können, hatte es etwas, nein, nicht Paradiesisches, und es war auch nicht der Augenblick nach der Erschaffung der Welt, ganz und gar nicht, vielmehr erweckte die Welt den Anschein, wie ein Mensch nach einem Schlaganfall erst wieder alles von neuem zu erlernen und noch nicht richtig in Übung zu sein. Ich habe nie vorher und nie nachher eine solche Fragilität erlebt, geradeso, als müsste ein Gott, wenn es ihn gäbe, sich aufs äusserste konzentrieren, damit es ihm wenigstens gelang, das zusammenzuhalten, was zu sehen war, ein im Unrat spielendes Kind, ein vor dem Rohbau seines Hauses sitzendes Paar und den Tag, der sich am Ende eingliedern sollte in die Tage vor ihm und nach ihm, ohne dass eine neue Katastrophe passiert war.

Sa, 07.05.05, 11:00

Lesung
Landhaus Landhaussaal
Moderation: Christoph Kuhn

So, 08.05.05, 15:30

Podium
Geschichte, Erinnerung und Lüge
Landhaus Säulenhalle
Moderation: Christine Lötscher
2000

Selbstportrait mit einer Toten

Suhrkamp Verlag, 2000

Aus: Norbert Gstrein . Selbstportrait mit einer Toten. Suhrkamp Verlag, 2000

…natürlich weiss ich nichts vom Exil, aber dieser Narr weiss noch weniger, natürlich weiss ich nichts, aber immerhin, dass ich mir sein Parisgequatsche nicht anzuhören brauche, Exil ist nur ein anderer Ausdruck für Erfrieren ... wer vom Exil sprechen wolle, müsse von Schnee und Eis sprechen und nicht von Clochards und Bohemiens, müsse von der Einsamkeit sprechen, statt sich in den ein für alle Mal feststehenden Vorstellungen von irgendwelchen bärtigen Hornochsen zu ergehen…

So, 04.06.00, 11:30

Lesung
Landhaus Landhaussaal
Moderation: Roland Ris