Roger Monnerat
So, 20.05.07, 10:30
Lanze Langbub Simpelgeschichten
Bilger Verlag, 1996
Aus: Roger Monnerat. Lanze Langbub Simpelgeschichten. Bilger Verlag, 1996
Lanze ist weinender Vater. Dieses Wesen, das aus Dolores herausgeglitten war, war ihm das Fremdeste, Abgetrennteste. Es glitt aus dem Schoss in den Schauder des Glücks der, wie Heroin ins Blut einschiesst, die Leere ausfüllte, als ihn die Angst verliess. Er hatte von der Angst nicht einmal etwas gewusst. In seinem Glücksrausch erschrak er, als er durch die Tränen im Neugeborenen die Gesichtszüge von Dolores Mutter zu erkennen glaubte. Sie nannten das Kind Anna. Die Vorstellung, sie setze Dolores und Lanzes Leben fort, mit der doppelten Gefolgschaft der Millionen von Ahnen an den Fersen, konnte Lanze auf alle Arten haben. Er sah Bilder von langen Menschen schlangen von Geisterzügen, von Menschen auf der Flucht, von Herden, sah Stuben, Stimmen im Holz, Blumengebinde, Pferdewagen, Hochhäuser.
«Heute ist es nicht mehr so schlimm nur eine Mädchen zu haben», tröstete Olli. «Vielleicht wird sie Filmstar und hat es auch gut», hakte Toni nach. Lanze war den Tränen nahe. Einzig die Lady-die-die-Welt-nimmt-wie-sie-ist hielt zu ihm und sagte: «Nun lernst du die andere Hälfte des Himmels kennen.» Der Sommerregen klatschte an die Fenster der Bar, und Maldanseurs böser und ruheloser Geist grölte auf der andern Seite des Flusses mit dem Donner durch die Gassen der Fussgängerzone.