Urs Augstburger
Schattwand
Bilger Verlag, 2001
Aus: Urs Augstburger. Schattwand. Bilger Verlag, 2001
Fortunat Wiler starb in der Nacht, als Noah gezeugt wurde.
Am Morgen darauf ging Jan Somm wie gewohnt zur Arbeit, schlitzte einen Wolf auf und nahm ihn aus. Das Fell legte er in die Gerblösung. Sorgfältig begann er, einen neuen Körper zu modellieren. Der ursprüngliche war mit Schrot vollgepumpt. Ein Walliser Bauer hatte dem Wolf Nacht für Nacht aufgelauert und ihn schliesslich erwischt, diesseits der Landesgrenze, wie er beteuerte, auf seinem Grund und Boden! Aus Rache für drei gerissene Schafe – und auch aus Prinzip – schoss er die Bestie in Stücke.
Neun Wochen später war der Wolf wie neu und Jan Somm erhielt zwei Anrufe.
Der erste kam von einem Treuhandbüro. Der Notar hiess Gebhardt, er begegnete Jans Verblüffung burschikos. Ob Herr Somm es für möglich halte oder nicht, sei unwichtig, Tatsache bleibe, dass Fortunat Wiler verstorben sei. In seinem Testament habe er ihn, seinen Nachbarn Severin Somm be...
„Jan”, korrigierte er.
„Severin ist nicht der Rufname?”
„Jan!” berichtigte er ein zweites Mal.
„Severin Jan Somm also, um präzis zu sein!” Der Notar war in Eile. Die Art der Erbschaft dürfe er ihm telefonisch zwar nicht mitteilen, sie sei aber nicht unbedeutend. Jan solle ihn morgen in Wilers Haus treffen, er hätte da ohnehin zu tun.
Jan willigte verdutzt ein.