E. Y. Meyer

Geboren 1946, lebt in Bern. (1994)
Werke (Auswahl)
Wandlung: Roman zur Jahrtausendwende.
2012
Der Trubschachen-Komplex.
Ammann Verlag, 1998
Venezianisches Zwischenspiel.
Ammann Verlag, 1997
Das System des Doktor Maillard.
Ammann Verlag, 1994
Plädoyer.
1982
Wandlung: Roman zur Jahrtausendwende
2012
Erfahrungen, Nachforschungen, philosophische Reflexionen aus vie¬len Jah¬ren verarbeitet E. Y. Meyer in diesem Roman zu einem breit an¬ge¬legten Fres¬ko. Dies alles wird nicht abstrakt abgehandelt, sondern in ein Er¬zähl¬¬ge¬rüst der besonderen Art eingeflochten. Der Autor erfindet einen Club: Drei¬zehn Männer versammeln sich ein bis dreimal pro Jahr. So entfaltet sich ein mehrstimmiger Bericht von einer Rei¬se durch Raum und Zeit; ein sozial- und geistes-ge¬schicht¬liches Pa¬nora¬ma, ver¬knüpft mit Leben und Denken der dreizehn Clubmitglieder.
Aus: E. Y. Meyer. Wandlung: Roman zur Jahrtausendwende. 2012
Zwischen den blendend weissen Gipfeln und Hängen, über die sich ein strahlend blauer Himmel spannte, hatte die Luft trotz der Kälte, die draussen herrschte, bereits etwas Frühlingshaftes. Vor allem in der Gegend um Bozen und Meran. Aber im immer noch tief verschneiten Vinschgau hatte das Wetter sich verschlechtert. Immer mehr Wolken standen am Himmel und verdrängten das strahlende Blau. Weissen Wolken waren graue Wolken gefolgt.
Schneewolken möglicherweise. Und als ich die Grenze zwischen Italien und der Schweiz überquerte, war die Sonne verschwunden und der Himmel von einem einzigen Grau.
So, 20.05.12, 14:00
Venezianisches Zwischenspiel
Ammann Verlag, 1997
Aus: E. Y. Meyer. Venezianisches Zwischenspiel. Ammann Verlag, 1997
Die Unterbrechung der Romanarbeit sollte nur eine kurze sein, einige Tage bis höchstens eine Woche, und hätte doch beinahe ihr Ende bedeutet.
Ob man das Ereignis, um das es hier geht, wirklich als so gravierend einstufen oder ob man es anders sehen will, hängt von den Moralvorstellungen des Einzelnen ab. In einem Jahrhundert, in dem millionenfacher technokratisch geplanter Mord stattgefunden hat, die Atombombe erfunden, gebaut und eingesetzt wurde, ist auch die Beurteilung von Mord relativ geworden.Alles scheint möglich und als Wertvorstellung akzeptierbar. Und vielleicht wird der Mord, wenn man später auf unser Jahrhundert zurücksieht, möglicherweise sogar als die Kunst angesehen, die es kennzeichnet, wie andere Jahrhunderte durch das Gebet oder das Betteln gekennzeichnet waren.
Das Böse, das es in der Welt gibt, beginnt oft erstaunlich banal und entfaltet plötzlich eine grosse Wirkung.
Fr, 22.05.98, 10:00
Das System des Doktor Maillard
Ammann Verlag, 1994
Aus: E. Y. Meyer. Das System des Doktor Maillard. Ammann Verlag, 1994
Wenn der Professor recht hatte, war hier, in der Provence, in der man, wie er sagte, auch in den Dörfern eine grosse Achtung vor geistiger und künstlerischer Arbeit habe - war in dieser seit Jahrhunderten bevorzugten Zufluchtstätte Europas möglicherweise, wenn vielleicht auch erst im Keim, tatsächlich eine Kraft und eine Bewegung im Entstehen, die der Menschheit würde helfen können, das hypertroph gewordene naturwissenschaftlich-technische Denken, das heute praktisch die ganze Welt beherrscht und die Lebensprozesse auf diesem Planeten in einer immer gefährlicheren Weise in eine globale Instabilität bringt, wieder auf ein lebensfreundliches Mass zurückzubinden, zu zügeln und zu zähmen. Und im Grunde wäre ein solches Entstehen von Gegenkräften hier in Europa, wie Ribeau sich sagte, ja auch nichts als logisch, da die naturwissenschaftlich-technische Denkweise, die sich jetzt als lebensfeindlich und lebensbedrohend entpuppt, ja auch hier, auf ebendiesem Kontinent, in der jahrtausendealten, von den Griechen, den Römern, den Germanen, den Franzosen und den Engländern geprägten Kultur entstanden ist. Das zivilisatorische Zentrum des eindrucksvollen, landschaftlich trotz der geometrischen Feldmuster noch urtümlich und wild wirkenden Lavendelanbaugebiets, das Edgar Ribeau bald darauf durchquerte, war das auf einem nördlichen Ausläufer des Plateau de...
Plädoyer
1982