Hanna Johansen

Geboren 1939 in Bremen, lebt in Kilchberg. Schreibt für Erwachsene und Kinder. Mehrfach ausgezeichnet, zuletzt mit dem Schweizer Literaturpreis. (2015)

Werke (Auswahl)

Der Herbst, in dem ich Klavier spielen lernte.
Dörlemann Verlag, 2014

Wenn ich ein Vöglein wär.
Carl Hanser Verlag, 2013

Ich bin hier bloss die Katze. Jugendbuch.
Carl Hanser Verlag, 2007

Der schwarze Schirm.
Carl Hanser Verlag, 2007

Die Hühneroper.
Verlag Nagel & Kimche AG, 2004

Lena.
Carl Hanser Verlag, 2002

Halbe Tage, ganze Jahre.
Carl Hanser Verlag, 1998

Universalgeschichte der Monogamie.
Carl Hanser Verlag, 1997

Die Hexe zieht den Schlafsack enger.
Verlag Nagel & Kimche AG, 1995

Die Schöne am unteren Bildrand.
Carl Hanser Verlag, 1990

Felis, Felis.
Carl Hanser Verlag, 1987

Bruder Bär und Schwester Bär.
Arena Verlag, 1983

Die stehende Uhr.
Carl Hanser Verlag, 1978

2015

Der Herbst, in dem ich Klavier spielen lernte

Dörlemann Verlag, 2014

Ein leiser, nachdenklicher Text, dem das Klavierspielen-Lernen den zeitlichen und sinnlichen Erzählrahmen gibt, in dem Erinnerungen auftauchen, Selbstreflexion stattfindet und Motive des eigenen Werks sichtbar werden können.

Aus: Hanna Johansen. Der Herbst, in dem ich Klavier spielen lernte. Dörlemann Verlag, 2014

Gestern hat mein Liebster mir sein Klavier gebracht. Das war traurig, denn er kann es nicht mehr gebrauchen, weil seine Hörnerven so nachgelassen haben, dass er Töne nur noch falsch hört. Und es war eine Freude, sagt er, weil es zu mir kommt und nicht irgendwohin. Es war auch gar kein Klavier, sondern ein Keyboard, auf dem man auch Streichinstrumente oder Chöre erzeugen könnte. Aber ich will nur Klavier spielen lernen.

Lesung: Hanna Johansen, 16.05.2015, SLT

Sa, 16.05.15, 10:00

Lesung
Landhaus Landhaussaal
Moderation: Bernadette Conrad (DE)
2007

Der schwarze Schirm

Carl Hanser Verlag, 2007

Aus: Hanna Johansen. Der schwarze Schirm. Carl Hanser Verlag, 2007

«Aber nicht wegwerfen!» sagte sie ziemlich laut. Das war unnötig. Ich werfe nichts weg. Und schon gar nicht dieses Päckchen, von dem ich wusste, dass es wichtig war und nicht abhanden kommen durfte. «Abhanden» hatte Rose gesagt, und das ist ein seltsames Wort. Sie ging, ohne das Päckchen oder mich einer weiteren Geste zu würdigen. Die Betrunkenen vorne am Tisch griffen nach ihr, als sie, nur mit Mühe ausweichend, zur Tür hinauswollte mit ihren hohen Absätzen und ihrem Koffer, den sie mit beiden Armen umklammert hielt. Der eine rief etwas, sie schrie im Hinausgehen etwas ebenfalls Unverständliches und ging die paar Schritte zurück, um mehr zu schreien, während die Männer abwehrend oder beschwichtigend oder herausfordernd die Arme hoben. Ich glaubte, dem Beginn von Tätlichkeiten zuzusehen, aber Rose warf kurzerhand die beiden Biergläser um und benutzte den Moment der Überraschung und des männlichen Ekels, um davonzurennen. In diesem Augenblick war ich froh, dass sie mich nicht nach ihrem Schirm gefragt hatte. Ich hätte sie enttäuschen müssen, und das wollte ich nicht. Aber vor allem wollte ich sie nie mehr sehen. Rose war abstossend, wie Menschen selten sind und wie ich es ganz und gar nicht vertrage. Ich hob die Bindfäden vom Boden auf, wickelte sie provisorisch um das Päckchen, und jetzt sitze ich vor diesen Postkarten und weiss nicht, was ich damit soll.

So, 20.05.07, 15:30

Lesung
Landhaus Landhaussaal
Moderation: Christine Lötscher
2005

Die Hühneroper

Verlag Nagel & Kimche AG, 2004

Aus: Hanna Johansen. Die Hühneroper. Verlag Nagel & Kimche AG, 2004

Sie sangen so schön, wie man es in einer Oper erwartet, aber etwas stimmte nicht. Der Dirigent hatte es auch bemerkt, verwirrt beugte er sich zur ersten Geige, während das Orchester verstummte. Die Hühner kamen unterdessen zur zweiten Strophe, die aus einem ganz ähnlichen Durcheinander bestand. «Da stimmt doch was nicht. Hm?» sagte der Dirigent zur ersten Geige. «Der Text!» sagte die erste Geige, «der Text stimmt nicht.» «Halt, halthalthalt!» rief der Dirigent. «Meine Damen, was singen sie denn da?» «Wir?» gackerten die Hühner wie aus einem Mund oder aus einem Schnabel und überhaupt nicht schuldbewusst: «Das Sextett!» «Seit wann singen Hühner Sextette?» flüsterte Alice. «Seit es Hühneropern gibt», flüsterte ich. «Bitte noch einmal», rief der Dirigent. «Aber richtig.» Das wollten die Hühner nicht auf sich sitzen lassen. Sie waren beleidigt, stellten sich auf und sangen alles ganz so, wie es sein musste: «Hühner sind wir, und wir legen beinah jeden Tag ein Ei. Dem Verwalter käm’s gelegen, wenn es zwei wär’n oder drei.»

Fr, 06.05.05, 09:00

JuKiLi
Altes Spital, grosser Saal
Moderation: Christine Lötscher

Sa, 07.05.05, 11:00

Gespräch
Schreiben für Gross und Klein
Landhaus Gemeinderatssaal
Moderation: Christine Lötscher
2002
 

Sa, 11.05.02, 15:00

Lesung
Landhaus Landhaussaal
Moderation: Liliane Studer
2000

Halbe Tage, ganze Jahre

Carl Hanser Verlag, 1998

Sa, 03.06.00, 16:00

Podium
Vom Wissen erzählen
Mit: Gerhard Staguhn (DE), Rosmarie Waldner
Landhaus Landhaussaal
Moderation: Christine Tresch
1997

Universalgeschichte der Monogamie

Carl Hanser Verlag, 1997

Aus: Hanna Johansen. Universalgeschichte der Monogamie. Carl Hanser Verlag, 1997

Ich geniesse das Privileg, ohne lange Präliminarien vor dir zu liegen, auf deinem Tisch vielleicht, auf deinen Knien oder in deinem Bett, von deinen Händen oder in deinem Schoss gehalten, ein offenes Buch, das du gelegentlich umblätterst. Habe ich gesagt, ich geniesse es? Nein? Ja, ich geniesse es. Und du geniesst es auch, gib es nur zu. Darüberhinaus geniesst du noch eine Freiheit, die ich nicht geniesse, nämlich die, dass du das Buch weglegen oder in die Ecke schleudern kannst, wenn es dir keinen Spass mehr macht, während umgekehrt ich keinerlei Möglichkeit habe, dich, lieber Leser, in die Ecke zu werfen. Ich kann dich nicht mal zuklappen, wenn mir deine Art, mit Gedrucktem umzugehen, nicht behagt.
Das ist ein Unterschied, verehrter Herr, den wir nicht aus dem Auge verlieren wollen, während wir uns nach und nach, so hoffe ich doch, in die diversen Verästelungen des Themas verlieren, um das es hier gehen soll.


Sa, 10.05.97, 10:00

Lesung
Landhaus Landhaussaal
Moderation: Urs Bugmann
1992

Text in «Das gespiegelte Ich» von Yvonne Böhler

Carl Hanser Verlag, 1990

Aus: Hanna Johansen. Die Schöne am unteren Bildrand. Carl Hanser Verlag, 1990

Die Brauntöne allerdings, in denen viele Photos damals gehalten waren, strömten Trauer aus, auch sie, wenn man sie befragte, unbegreiflich. Dabei sagt man der Photographie nach, dass sie sich vom Unbegreiflichen freigemacht und neue Bereiche des Realen erobert habe.
Noch heute, wenn ich Fremde auf einem Photo sehe, erstaunt es mich, dass ich zu dem, was ich sehe, mir noch eine andere, eine wirkliche Identität im Leben denken muss. Die Tatsache, dass es anders gar nicht möglich ist, macht mein Staunen nur grösser. Dann bleibt mein Blick an diesen Menschenbildern hängen. Ich scheue mich, ihn abzuwenden, wie man sich scheut, von Toten das Auge abzuwenden.
Unheimlicher war der Blick in die Vergangenheit, wenn wir Photos ansahen von Menschen, die meine Mutter gekannt hatte, ich aber nicht. Und doch mussten sie, wenn sie photographiert waren, einmal wirklich gewesen sein.


Sa, 30.05.92, 21:00

Lesung und Gespräch
Landhaus Landhaussaal
Moderation: Heinrich Vogler
1990

Aus: unveröffentlicht

Der Pastor, der hinter dem Sarg hergeht, ist ein junger Mann und gleicht, wenn man hinter ihm hergeht und ihm beim Gehen zuschaut, dem Toten. Es ist Mai, aber er geht wie einer, der über einen windigen Deich geht, nicht ziellos nur ohne Glauben an dieses Ziel. Wir gehen, wohin wir gehen, weil wir nicht wissen, wohin wir sonst gehen sollen. Würde er sich jetzt umschauen und lächeln, würde er es tun wie einer, der daran zweifelt, dass es in Ordnung ist zu lächeln.

 

Fr, 25.05.90, 11:00

Lesung
Kreuzsaal
Moderation: Samuel Moser
1987

Felis, Felis

Carl Hanser Verlag, 1987

Aus: Hanna Johansen. Felis, Felis. Carl Hanser Verlag, 1987

„Ich will auch einen Fisch fangen“, sagte der kleine Bär und stieg auf einen Stein, der glatt und rund aus dem Wasser herausragte. Er musst sich mit allen vier Füssen festhalten, um nicht ins Wasser zu fallen.
„Ich auch“, sagte Schwester Bär, und schon war sie auf den Stein gesprungen.
„Nein!“ konnte Bruder Bär gerade noch schreien. Dann machte es platsch, und er zappelte im Wasser.
„Hilfe, ich kann nicht schwimmen, schrie der kleine Bär.
Und dabei wäre er fast untergegangen.
„Das kann ich auch“, sagte Schwester Bär. “Kannst du nicht“, schrie Bruder Bär und schnappte nach Luft.
„Kann ich doch“, sagte Schwester Bär.
Mit einem gewaltigen Satz sprang sie hinterher. Platsch machte es. Dann war von ihr nichts mehr zu sehen.
„Siehst du“, sagte der kleine Bär noch einmal.
„Ich fange eben Fische“, sagte Schwester Bär, als sie wieder auftauchte.
„Haha“, sagte Bruder Bär, „unter Wasser?“
„Wo denn sonst?“ sagte Schwester Bär.“


Fr, 29.05.87, 16:00

Werkstatt
Einfachheit als Herausforderung
Landhaus Säulenhalle
Moderation: Hans ten Doornkaat
1983

Bruder Bär und Schwester Bär

Arena Verlag, 1983

Fr, 13.05.83, 14:00

Lesung und Gespräch
Kreuzsaal
1979

Die stehende Uhr

Carl Hanser Verlag, 1978

Fr, 25.05.79, 15:00

Lesung
Kreuzsaal