Ilma Rakusa

Geboren 1946 in Rimavská Sobota/Slowakei, veröffentlichte Gedichte, Erzählungen und Essays. Sie übersetzt aus dem Französischen, Russischen und Ungarischen. 2009 wurde sie mit dem Schweizer Buchpreis ausgezeichnet. (2017)
Werke (Auswahl)
Impressum: Langsames Licht.
Droschl Literaturverlag, 2016
Einsamkeit mit rollendem r..
Suhrkamp Verlag, 2014
Aufgerissene Blicke. Berlin Journal.
Droschl Literaturverlag, 2013
Mehr Meer: Erinnerungspassagen.
Droschl Literaturverlag, 2009
Durch Schnee.
Suhrkamp Verlag, 2006
Love after love. Acht Abgesänge.
Suhrkamp Verlag, 2001
Ein Strich durch alles. Neunzig Neunzeiler.
Suhrkamp Verlag, 1997
Farbband und Randfigur.
Droschl Literaturverlag, 1994
Jim, sieben Dramolette.
Suhrkamp Verlag, 1993
Miramar.
Suhrkamp Verlag, 1986
Die Insel.
Suhrkamp Verlag, 1982
Übersetzungen (Auswahl)
Ilma Rakusa. La mer encore.
Übersetzt von Patricia Zurcher.
Éditions d'En Bas, 2013
Ilma Rakusa. Il mare che bagna i pensieri.
Übersetzt von Mario Rubino.
Sellerio editore, 2011
Impressum: Langsames Licht
Droschl Literaturverlag, 2016
Orte, Zeiten, Dinge heissen drei Abteilungen von Ilma Rakusas erstem Lyrikband seit eineinhalb Jahrzehnten. Aufmerksam, luzide und spielerisch tragen die Gedichte durch die Welt, erinnernd und ahnend. Wo Verbindungen geknüpft und Licht ins Dunkle gebracht wird, geht nicht vergessen, dass es auch um den Moment, das Konkrete, das Beiläufige geht; und wo ein Schrank gelüftet und ein Estrich durchstöbert wird, da wird Vergangenheit durchmessen.
Aus: Ilma Rakusa. Impressum: Langsames Licht. Droschl Literaturverlag, 2016
In Gedanken: Corso
Anchorage. Will ich dahin? Ins Eis? Doch
eher nein. Wenn Zyp-ressen locken, dunkle,
aus den Büchern des Südens. Zypressen,
Zitronen, Zeitungsverkäufer mit traurigem
Blick und ermatteter Zunge. Zigeunerkids.
Der Rahmen ist keiner: ein Corso, ein Park,
verschattet. Aber Gerüche gibt’s wie in den
Küchen der Kindheit: nach geröstetem Mais
und gerösteten Mandeln. Der Wind trägt
sie landeinwärts. So geht sich’s langsam.
Auf ab. Mit wehendem Mantel.
Fr, 26.05.17, 15:00
Sa, 27.05.17, 10:00
Sa, 27.05.17, 16:00
So, 28.05.17, 13:30
Mehr Meer: Erinnerungspassagen
Droschl Literaturverlag, 2009
Für ihre poetischen «Erinnerungspassagen» einer Kindheit im Mitteleuropa der Nachkriegszeit erhielt Ilma Rakusa 2009 den Schweizer Buchpreis. Ein Buch über das Unterwegssein, über die Sinneseindrücke verschiedener Lebensorte, über Familie und Freunde, über die frühe Entdeckung der Musik und der Literatur. Wie war es für die beiden Übersetzer, das Werk einer Kollegin zu übertragen, in das die Mehrsprachigkeit bereits eingeschrieben ist? Sie unterhalten sich mit der Autorin über die spezielle Musik und den Rhythmus ihrer Sprache, über das Reisen zwischen den Kulturen und über die Kunst der literarischen Übersetzung. Eine dreisprachige Lesung auf Deutsch, Französisch und Italienisch lädt zu Vergleichen ein und lässt die sprachliche Reise des Textes miterleben.
Fr, 10.05.13, 16:00
Sa, 11.05.13, 10:00
Fr, 18.05.07, 12:15
Sa, 19.05.07, 12:00
Fr, 18.05.07, 12:15
Sa, 19.05.07, 12:00
Ein Strich durch alles. Neunzig Neunzeiler
Suhrkamp Verlag, 1997
Aus: Ilma Rakusa. Ein Strich durch alles. Neunzig Neunzeiler. Suhrkamp Verlag, 1997
Die Zeit lagert
in Schuhen und Papieren
in Truhen und Scharnieren
in Mützen und Wiegen
in Büchern und Plüschtieren
sie lagert in Koffern, Kissen, Laken
in Fotos, Briefen und Postkarten
sie hat Ränder, Flecken und Falten
sie umlagert mich: Alter
Fr, 25.05.01, 11:00
Farbband und Randfigur
Droschl Literaturverlag, 1994
Aus: Ilma Rakusa. Farbband und Randfigur. Droschl Literaturverlag, 1994
Wie rasend legt sich der
Atlantik zwischen uns
kaum seh ich meine Sonne untergehn
stehst du im Licht SoHo‘s kaust
Bagel und bist anders froh
noch füllt dein Lachen meinen
Mund der Ungar aber führt mich
kundig krud nach Buchenwald
dort leb ich jetzt im Buch - und du?
Sa, 10.05.97, 20:30
Aus: Altmännersommer. Eine Budapester Skizze
Suhrkamp Verlag, 1993
Aus: Ilma Rakusa. Jim, sieben Dramolette. Suhrkamp Verlag, 1993
A. sammelt mit dem Motto: "das Licht scheint immer nur für zwei", und auch wenn er sich die Leidenschaft am Mund absparen muss, sammelt er unentwegt. Das bedeutet tägliche Gänge ins Antiquariat, das vertreibt die Zeit, die Erinnerung. Denn alles liegt im Jetzt, in der Hingabe an die eine Sache. A. ist halbherzig Kommunist gewesen, aber doch. A hat sich halbherzig als Funktionär betätigt, aber etwas musste man ja tun. Aus dem Scheinleben ist er erst jetzt zum Leben erwacht, seit der Pensionierung. Er sammelt und lässt die Polizei Polizei, die Dummheit Dummheit sein. Endlich hat er seine Ruhe. Selbst die Tochter belästigt ihn nicht. Abends sitzt er im Lehnstuhl und geht seine Schätze durch, all die Städte und Landschaften von anno dazumal. Das Auge, das auf eine Kleinigkeit starrt, erkennt jemanden, niemanden, den Frühling. Das Ohr hört das Rauschen des Meers und der Baumwipfel. Was die Akazie vor seinem Fenster treibt, bewegt A. weit weniger als jene kleine schwarzweisse Pappel neben einer Steinbricke, Mostar 1913, signiert.
Sa, 14.05.94, 09:00
Sa, 22.05.93, 20:30
Miramar
Suhrkamp Verlag, 1986
Aus: Ilma Rakusa. Miramar. Suhrkamp Verlag, 1986
Sie möchte sich auf den Kanal setzen und aus der STadt reiten, mitten ins Meer. Mitten in erregte Ideen. Etwas Natürlicheres fällt ihr nicht ein. (Programmheft 1986)
Plötzlich ersteht die Ebene, mit Steppengras und einem fast unendlichen Horizont. Reglos, lautlos. Halt, ein Windstoss fährt durch die Halme, etwas wallt sich, ein Hauch von Silber huscht übers Land. Die Riesenblindschleiche. Der Himmel ist mehrstöckig, grau. Als eine Ziegenherde auftaucht und ein einzelnes Pferd, erfüllen sich die baschkirischen Erwartungen: Saffianstiefel, Stutenmilch (Kumys). Die Baschkirin trippelt Richtung Horizont, grosse Schritte sind nicht vorgesehen. Mit seinen hohen Backenknochen lebt das Gesicht der Frau beständig: die Augen wandern von Sonnenaufgang zu Sonnenuntergang, der Mund ist ein Siegel.
Nie etwas von einer Kolchose gehört?
Der Satz verhallt.
Und wie kommt es zu dieser baschkirischen Rückenansicht?
Was sichtbar entflieht, ist der Rücken. Von hinten könnte sie auch eine Japanerin sein.
Die Herde verlagert sich. Ausgeräumter Horizont. Der Traum verlangt nach einem Soldaten.
Sa, 06.05.89, 10:00
Miramar
Suhrkamp Verlag, 1986
Aus: Ilma Rakusa. Miramar. Suhrkamp Verlag, 1986
Sie möchte sich auf den Kanal setzen und aus der STadt reiten, mitten ins Meer. Mitten in erregte Ideen. Etwas Natürlicheres fällt ihr nicht ein. (Programmheft 1986)
Plötzlich ersteht die Ebene, mit Steppengras und einem fast unendlichen Horizont. Reglos, lautlos. Halt, ein Windstoss fährt durch die Halme, etwas wallt sich, ein Hauch von Silber huscht übers Land. Die Riesenblindschleiche. Der Himmel ist mehrstöckig, grau. Als eine Ziegenherde auftaucht und ein einzelnes Pferd, erfüllen sich die baschkirischen Erwartungen: Saffianstiefel, Stutenmilch (Kumys). Die Baschkirin trippelt Richtung Horizont, grosse Schritte sind nicht vorgesehen. Mit seinen hohen Backenknochen lebt das Gesicht der Frau beständig: die Augen wandern von Sonnenaufgang zu Sonnenuntergang, der Mund ist ein Siegel.
Nie etwas von einer Kolchose gehört?
Der Satz verhallt.
Und wie kommt es zu dieser baschkirischen Rückenansicht?
Was sichtbar entflieht, ist der Rücken. Von hinten könnte sie auch eine Japanerin sein.
Die Herde verlagert sich. Ausgeräumter Horizont. Der Traum verlangt nach einem Soldaten.