Perikles Monioudis

Perikles Monioudis, geboren 1966 in Glarus. Lebt in Zürich. Studierte Soziologie, Politikwissenschaft und Staatsrecht. Publizierte Romane, Erzählungen, Prosa und Dramatik und wurde u.a. mit dem Conrad-Ferdinand-Meyer-Preis ausgezeichnet. (2016)

www.monioudis.ch

Werke (Auswahl)

Frederick.
dtv, 2016

Land.
Ammann Verlag, 2007

Im Äther. MIT-Poetikvorlesung.
Rimbaud Verlag, 2005

Palladium.
Berlin Verlag, 2000

Deutschlandflug.
Berlin Verlag, 1998

Die Verwechslung.
Rotpunkt Verlag, 1993

2016

Frederick

dtv, 2016

Die Geschichte von Fred Astaire, des «besten Stepptänzers, den die Welt je gesehen hat»: eines genialen Perfektionisten, der sich aus der amerikanischen Provinz über London und den New Yorker Broadway nach Hollywood emporarbeitete und dabei aller Hinfälligkeit des Erfolgs widerstand.

Aus: Perikles Monioudis. Frederick. dtv, 2016

Frederick hatte schon in seiner Jugend, wenn es ihm um eine junge Dame ging, nie auf die äusserlichen Merkmale der Verführung zurückgegriffen. Figuren wie Valentino oder Cyrano de Bergerac oder diesen im Grunde hässlichen Casanova, die, stolz auf ihre Virilität, mit geschwellter Brust ihrer Unwiderstehlichkeit Vorschub leisten wollten, liess er meilenweit hinter sich. Denn Frederick war im Gegenteil ganz da für die Angebetete, ganz anwesend und ganz dazu da, sie erstrahlen und leuchten zu lassen – er fasste seine Angebetete erst an, wenn er mit ihr tanzte; und er liess sie erst wieder los, wenn der Tanz zu Ende war.


Lesung: Perikles Monioudis und Alejandro Hagen, 06.05.2016, SLT

Fr, 06.05.16, 10:00

Lesung
Landhaus Säulenhalle
Moderation: Alejandro Hagen

Sa, 07.05.16, 18:30

Kurzlesung
Aussenbühne Klosterplatz

So, 08.05.16, 14:00

SRF Live Sendung
Buchzeichen
Cantina del Vino
2009
 

So, 24.05.09, 09:30

Lesung und Gespräch
NETZ-Lesung und Diskussion
Kreuzsaal
2007

Land

Ammann Verlag, 2007

Aus: Perikles Monioudis. Land. Ammann Verlag, 2007

Eine alexandrinische Geschichte, die sein Vater gern erzählte, handelte von jener ägyptischen Sängerin, die in den siebziger Jahren starb. Umm Kalsum war ein voller, kehliger Alt, eine Stimme wie aus dem Märchen oder doch aus dem, was der Junge dafür hielt. Wenn Umm Kalsum im Radio sang, liessen die Menschen alles stehen und liegen, versammelten sich vor den Apparaten, die sie auch vor die Fenster banden. Der Verkehr kam zum Erliegen, falls die Autos nicht schon vor dem Friseur, auf Plätzen, bei den Märkten verlassen worden waren, ihre Fahrer nicht längst im Kaffeehaus der Stimme harrten, die jetzt, nach der Ouvertüre – nervöse Streicher, schlichte Tamburine, Schellen – anhob und ein tausendfaches Echo hervorrief: Ya-habibi. Auftakt und Begrüssung zugleich: Ach, mein Freund.
Umm Kalsums weinerlicher, so mütterlicher wie lockender Gesang dauerte eine halbe Stunde, versetzte die Männer in ein stummes Hochgefühl, entrückte sie in den Tarab. Weit davon entfernt, eine geistige Führerin zu sein, war sie Ursprung und Erfüllung jeder flehentlichen Sehnsucht, begleitet im orientalischen Takt von Schalmeien und Celli, von den Zwischenrufen der betörten Tonleute und Studioangestellten.


Sa, 19.05.07, 17:00

Buchpräsentation
Young Swiss Writers
Mit: Zoë Jenny, Romey Sabalius
Landhaus Seminarraum
Moderation: Daniel Zahno

So, 20.05.07, 12:30

Lesung
Landhaus Landhaussaal
Moderation: Alexandra Kedves
1993

Die Verwechslung

Rotpunkt Verlag, 1993

Aus: Perikles Monioudis. Die Verwechslung. Rotpunkt Verlag, 1993

Die Elvira, seine Tochter, die Kindergärtnerin, habe es ja immer sehr schwer gehabt, unheimliches Pech verfolge sie zeitlebens. Seit ihrem zehnten Lebensjahr, seit ihrem Verkehrsunfall, sei die Elvira behindert, meine Damen und Herren, ihr linker Fuss sei verkrüppelt, weshalb sie hinke. Seitdem habe sie natürlich nie mehr springen, nie mehr tanzen, kein Fahrrad mehr besteigen können. Jeder fühle sofort und nachhaltig Mitleid mit verkrüppelten Kindern sagt der Stehende, jeder gebe sich besorgt. Kaum erblickten die Leute einen körperlich Behinderten, empfanden sie unweigerlich Herren Mitgefühl, meine Damen und fragten nach dem Befinden, machten gut gemeinte Bemerkungen. Die Leute fürchteten sich entsetzlich vor einer körperlichen Behinderung, «Gott behüte» sagt der Stehende, «bloss keine körperliche Behinderung!» Die Angst vor einer körperlichen Behinderung sei weitverbreitet, jeder fürchte sich unheimlich davor, was aber eine ungeheure Groteske sei. «Absolute Lächerlichkeit!», ruft der Stehende am vordersten Bahnhofskioskschaufenster, «gewaltige Skurrilität!», die Leute hatten Angst vor einer Behinderung, meine Damen und Herren, legten aber nicht den geringsten Wert auf ihre geistige Gesundheit; jeder sorge sich um eigene körperliche Gesundheit, der eigenen geistigen Verfassung jedoch werde kaum Beachtung geschenkt.

Fr, 21.05.93, 16:00

Lesung
Landhaus Säulenhalle
Moderation: Liliane Studer