Tim Krohn

Geboren 1965 in Glarus, lebt mit seiner Familie als Schriftsteller in Santa Maria Val Müstair. In einem früheren Leben war er Saxofonist, Präsident des AdS und Dozent am Literaturinstitut Biel. (2017)
Werke (Auswahl)
Herr Brechbühl sucht eine Katze.
Verlag Galiani Berlin, 2017
Nacht in Vals.
Verlag Galiani Berlin, 2016
Aus dem Leben einer Matratze bester Machart.
Verlag Galiani Berlin, 2015
Platons Höhle.
SJW Schweizerisches Jugendschriftenwerk, 2009
Ans Meer.
Verlag Galiani Berlin, 2009
Vrenelis Gärtli.
Diogenes Verlag, 2007
Der Schwan in Stücken.
Ammann Verlag, 1994
Herr Brechbühl sucht eine Katze
Verlag Galiani Berlin, 2017
Tim Krohn hat vor gut einem Jahr einen interessanten Versuch unternommen: Er lässt sich von Lesern sponsern, indem er sie eine «menschliche Regung» auswählen lässt, die er in eine Kurzgeschichte umwandelt. Mit «Herr Brechbühl sucht eine Katze» liegen die ersten 65 Regungen nun in Form eines locker gestrickten Erzählbandes vor. Krohn spannt die Geschichten in den Kontext einer Zürcher Wohnsiedlung und in verschiedene Erzählstränge ein, lässt sie aber zugleich eigenständig wirken.
Aus: Tim Krohn. Herr Brechbühl sucht eine Katze. Verlag Galiani Berlin, 2017
In der Silvesternacht des Jahres 2000 hatte Hubert Brechbühl vor, früh schlafen zu gehen. Ein Jahr zuvor, in der Nacht des grossen Zahlensprungs, hatte er dem Datumswechsel noch regelrecht entgegengefiebert, mit gemischten Gefühlen und gut ausgerüstet mit Kerzen, Thermodecke und halt baren Lebensmitteln für vier Wochen. Er hatte sich eine letzte Kanne schön heissen Kaffee gekocht und vor dem Fernseher darauf gewartet, dass mit dem Datums wechsel die komplexe Technik, auf der das westliche System beruhte, und damit das gesamte Abendland zusammenbrach.
Fr, 26.05.17, 10:30
Fr, 26.05.17, 15:00
Sa, 27.05.17, 16:00
So, 28.05.17, 12:00
So, 28.05.17, 15:00
Vrenelis Gärtli
Diogenes Verlag, 2007
Vreneli und Melk zaubern sich durch eigenartige Welten, Gletscher glühen, Greissen, Toggeli und Hexer gehen um – vor allem aber erfindet das Vreneli eine unerhörte Kunst und treibt mit seinem Liebsten ein Spiel, von dem der Melk nichts ahnt.In eigenwillig dialektnaher Sprache wird quatemberlich freischwebend erzählt, gesungen und gegärtnert.
Aus: Tim Krohn. Vrenelis Gärtli. Diogenes Verlag, 2007
Einen Schlitz nennen die Eingesessenen das Tal daher auch, das eigentlich nicht eines ist, sondern zwei, oder noch eigentlicher zwar eines, das sich aber zmittst gabelt, so wie ein tanniges Wettergäbeli sich gabelt. Die beiden Äste heissen das Grosstal und das Kleintal, dabei sind in Wahrheit beides munzig kleine Täler und verlotteret dazu, und ständig troolen Trämel z’Tal und verschlagen die Hüttli, und mit dem Regen schwemmt es Steinigs durab, danach staut sich das Wasser, der Talboden ist überschwemmt und eine einzige Günte, das Fieber kommt übers Land, und am End ist das halbe Glarnerland verräblet.
Sa, 03.05.08, 22:00
Der Schwan in Stücken
Ammann Verlag, 1994
Aus: Tim Krohn. Der Schwan in Stücken. Ammann Verlag, 1994
Während er einen Kalbskopf entbeint und dessen Gehörgänge säubert, denkt Andris wieder an Apicius und damit an Valerie. Zicklein nach Apicius, ganz zu kochen: Das Tierchen ist sorgsam durch das Maul zu entbeinen, so dass ein Schlauch entsteht und die Eingeweide entleert werden können, ohne dass sie zerreissen. Man bläst in das Maul hinein, so dass der Kot durch den After austritt. Dann wäscht man das Zicklein sauber, füllt es mit gemischter Fischsauce, lässt es durchziehen, kocht es gar und nimmt es heraus. In die kochende Brühe gibt man Milch, geriebenen Pfeffer, Fischlake, Most und Öl und zieht sie mit Mehl ab. Man kann das Tier auch in ein Netz oder in ein einfaches Körbchen legen und es, bevor man es in die Brühe gibt, in Salzwasser garen. Weitere Variante: eine Füllung mit kleinen Vögeln, Nüssen und ganzem Pfeffer. Andris würde Valerie gern füllen. Er denkt sich eine gefüllte Valerie und stellt sie sich glücklicher vor. Durch die Freier die ihren Beutel in sie leeren, denkt er, wird Valerie nicht gefüllter. Wenn er an ihre Freier denkt, vergisst er sich selbst dabei. Der Kalbskopf sieht ohne Knochen blind und weich aus. Ein Neugeborenes, das blind mit riesengrossen Lippen nach der Mutter sucht.