Yael Inokai (DE)

Yael Inokai, geboren 1989. Sie studierte Philosophie in Basel und Wien, anschliessend Drehbuch und Dramaturgie in Berlin. Für ihren Roman «Mahlstrom» wurde sie mit dem Schweizer Literaturpreis ausgezeichnet. Sie ist Redaktionsmitglied der Zeitschrift «PS: Politisch Schreiben». (2022)
Werke (Auswahl)
Ein simpler Eingriff.
Hanser Verlag Berlin, 2022
Mahlstrom.
Edition Blau im Rotpunktverlag, 2017
Storchenbiss.
Rotpunkt Verlag, 2012
Ein simpler Eingriff
Hanser Verlag Berlin, 2022
Spielte sich die Handlung des ausgezeichneten Romans «Mahlstrom» in einem kleinen Dorf ab, ist der Schauplatz für Inokais dritten Roman eine Klinik. Hier sollen vermeintlich psychisch erkrankte Menschen geheilt werden. Nur wovon? Die Gefühle des Zweifelns und der Wut, die die ganze Erzählung durchziehen, bergen transformatorisches Potenzial: Sie ermöglichen drei Frauen den Ausbruch aus einem unterdrückerischen System und vor allem die gegenseitige Zugewandtheit.
Aus: Yael Inokai. Ein simpler Eingriff. Hanser Verlag Berlin, 2022
Ich war stolz darauf, wer ich war, wenn ich die Uniform trug. Ich erinnere mich ganz genau an das Gefühl in der Umkleide, Morgen für Morgen, der weiße, gestärkte Stoff auf meiner Haut, das Schließen der Knöpfe, das Anstecken der Uhr, das Aufsetzen meiner Haube. Die Person, die ich dann wurde. Nichts anderes war ich je lieber gewesen im Leben.
Fr, 27.05.22, 17:00
Mahlstrom
Edition Blau im Rotpunktverlag, 2017
Aus drei Perspektiven wird der Suizid einer 22-jährigen Frau umkreist. Mit den Schilderungen ihrer Kindheit und Jugend fördern der Bruder, eine Freundin und ein Bekannter ein von der Dorfgemeinschaft verdrängtes Gewaltverbrechen zutage. Yael Inokais sprachlich fein gearbeitete Annäherungen an das Unergründliche erzeugen einen unheimlichen Sog.
Aus: Yael Inokai. Mahlstrom. Edition Blau im Rotpunktverlag, 2017
Weil einen die Größeren ohne Müh einfingen, einem die Taschen ausleerten und alles an sich nahmen, vom Kleingeld bis zum angebissenen Brötchen, ging man seinerseits auf die Kleineren los und holte sich so seinen Besitz zurück. Keiner war zu jung, um getriezt zu werden. An den Waden gepackt und kopfüber wie ein Sack Kartoffeln ausgeschüttet zu werden, gehörte zur Kindheit wie das Verlieren der Milchzähne.